Wetterprognose

Volkers zweite Marokkoradreise PDF Drucken E-Mail
Sonntag, 25. Mai 2008

von Volker Roedig:

Auf den folgenden Seiten habe ich die Erlebnisse während meiner Radtour vom 23.2.2008 bis zum 22.3.2008 durch Marokko mit Start- und Zielpunkt Marrakesch aufgeschrieben.


Route 2008
Die Route der Marokko-Tour 2008

Samstag, 23.2.

Da habe ich mal wieder Glück gehabt – so denke ich, als ich auf dem Förderband der Ankunftshalle des Flughafens Marrakesch meine 4 Gepäcktaschen und dazwischen mein Rad erblicke – dabei hatten sie das Band schon angehalten, die Leute, die mit mir ausstiegen waren alle schon mit ihrem Gepäck versorgt und ich sah keine Aussicht mehr es doch noch zu bekommen – aber man soll ja die Hoffnung nicht aufgeben. Eine Frau, im Rollstuhl sitzend hatte weniger Glück – hat sie es schon schwerer als alle anderen, hier zu reisen, sitzt sie zumindest heute ohne ihr Gepäck da – ehrlich gesagt tut sie mir leid, als ihre Begleitung ihr dies mitteilen muss.

So nehme ich die stark befahrene Straße in die City, um mich wieder im Hotel CTM wie vor 2 Jahren schon einzuquartieren. Ein Hotel mit Frühstück auf der Dachterasse und Blick auf den Platz El Fnaa. Dazu parke ich das Rad wie immer auf dem Zimmer. Die Übernachtungspreise sind zwar angezogen, aber für europäische Verhältnisse immer noch sehr günstig und der Eingangsbereich ist in der Zeit seit meinem ersten Aufenthalt saniert worden.

Den Abend verlebe ich kurzweilig mit Essen gehen, einem Bummel durch den Souk und schaue mir das lebhafte Treiben auf dem Platz El Fnaa an. Marrakesch ist doch trotz Großstadtkhektik immer eine Reise wert!


„Wasserverkäufer“ auf dem Platz El Fnaa

 „Wasserverkäufer“ auf dem Platz El Fnaa

Sonntag, 24.2.

Heute breche ich von Marokkos „Paris des Südens“ auf meine 4-wöchige Tour auf. Ich werde am Ende noch einen Tag hier einplanen. Nachdem ich die Abkürzung durch die Souks genommen habe, bleibt die Stadt langsam hinter mir zurück. Doch erst nach etwa 30 Kilometern wird es so richtig ursprünglich, wie ich Marokko von meiner ersten Reise kenne. Heute werde ich in den Ort Demnate fahren und erst morgen wird es tiefer in die Berge gehen. Dagegen ist die Strecke heute nur leicht gewellt. Also ein guter Einstieg auf die Tour. Immer wieder passiere ich kleine Orte, in denen man auch Tajine essen kann. Das nutze ich am Mittag, da ich morgen in einsameren Gefilden sein werde und ich mich dann wieder selbst versorgen muss. Als ich nach dem Essen noch ein wenig dasitze, kommt ein Mann an mir vorbei, spricht mich auf Arabisch an, ich gestikuliere, dass ich nichts verstehe und nimmt sich das Stück Brot, das ich übriggelassen habe und geht weiter. Au weia, so eine Armut berührt. Ich setze meine Fahrt fort. Die Berge an meiner Rechten verbergen sich noch im Dunst, obwohl heute meistens die Sonne scheint. Gestern war es in Marrakesch sehr bewölkt und es regnete ab und zu. Ich bin dennoch zufrieden, so fällt mir der Umstieg von den Temperaturen daheim leicht.

Am Abend erreiche ich Demnate. Es ist ein recht großer Ort, aber sehr typisch marokkanisch. In einem Hotel quartiere ich mich ein. Mein Rad schleppe ich die enge Treppe hinauf in das Zimmer. Es ist ein einfaches Zimmer mit Etagenduschen und aus dem 1.Stock hat man einen schönen Blick auf die Straße, wo man das geschäftige Treiben am Abend beobachten kann. Auf der Straßenseite gegenüber blicke ich direkt auf einen Metzgerladen. Dort ist, wie man es in Marokko in jedem größeren Ort sieht, das Fleisch an einem Haken aufgehängt. Ein Mann mit Kaftan sitzt daneben auf einem Stuhl und unterhält sich mit dem Metzger. Es ist wirklich das typisch marokkanische Leben, sehr eindrucksvoll ...

 
Typischer marokkanischer Metzger

Typischer marokkanischer Metzger

 
Montag, 25.2.

Demnate besitzt auch einen sehr landestypischen Markt, auf dem es vor allem viel frisches Obst gibt. Damit decke ich mich ein, bevor es weitergeht. Im Ort gibt es eine Vielzahl an Geschäften und es herrscht reges Treiben. Dann bin ich auf dem Weg aus dem Ort, nehme die Strecke in Richtung Skoura, die das Atlasgebirge komplett überquert. Nach einem ersten Anstieg, ist die erste Ebene erreicht, wo sich die „Pont naturel“, zu Deutsch „natürliche Brücke“ befindet. Ein Anziehungspunkt von Touristen, denn der Fluß hat sich eine eindrucksvolle Schlucht gegraben, und seinen Weg ausgehölt. Nachdem ich einen Blick hinab genossen habe, fahre ich die Strecke weiter, die jetzt sehr angenehm ruhig wird, wo der Autoverkehr bis jetzt zeitweise für marokkanische Verhältnisse recht rege war. Kaum noch ein Auto, die hohen Berge kommen näher und immer wieder sehr ursprüngliche Dörfer mit ihren für die Gegend typischen aus Stein gebauten Häusern. Natürlich wie ich es gewohnt bin begegne ich in jedem noch so kleinen Ort bettelnden Kindern, die Kugelschreiber, Bonbons oder Geld haben wollen. Noch habe ich ein paar Kugelschreiber ...

Später nimmt die Straße eine kleine Anhöhe, dann geht es etwas hinab bevor ein sehr idyllisches Tal erreicht wird. In der engen Talsohle prägen Wiesen und Felder das Bild, links und rechts daneben ragen Felswände auf. Immer wieder passiere ich Orte, in denen Hühner frei herumlaufen und Kühe zwischen den Häusern hindurchgetrieben werden.


Dorf im Hohen Atlas


Dorf im Hohen Atlas

 
Am Nachmittag beginnt der recht lange Aufstieg zum Paß. Am Ende merke ich schon, dass ich erst den dritten Tag unterwegs bin, meine Kräfte lassen langsam etwas nach. Die Datteln, die ich in Marrakesch erstanden habe, sind eine wohltuende Stärkung. Dann erreiche ich endlich die Anhöhe und blicke auf die Bergriesen tief im Atlasgebirge, die noch tiefverschneit sind, obwohl in diesem Jahr weit weniger Schnee als auf meiner ersten Tour liegt. Aber ich bin ja auch ein paar Wochen später im Jahr unterwegs.

Die Weiterfahrt ist spektakulär: urige Dörfer liegen tief unter mir, die Bergwelt ist einfach grandios. An einer Gegensteigung merke ich, dass mein Tretlager ein wenig Spiel hat. Das ist nicht so toll, wenn es sich arg vergrößert. Ich muss es ein wenig im Auge behalten.

Nach der 2. Anhöhe geht es lange runter. Hinter einem Dorf geht es wieder hoch. Soll ich da heute Nacht bleiben oder schaffe ich es noch bis Toufrine? Auf meiner Karte ist nicht klar ersichtlich, wie weit es noch bis dorthin ist, bzw. wie weit es noch hinaufgeht bis dorthin. Ich beschließe , wenigstens noch bis in den nächsten Ort zu fahren. Als ich ihn erreiche, erblicke ich überraschenderweise ein Schild ‚Gite d’Etape‘. Und nach wenigen Metern stehe ich vor dem Haus. Ein freundlicher Herr öffnet mir die Tür. Im Inneren ist es recht gemütlich. Gleich wird mir neben einem Tee Butter, Olivenöl und Brot aufgetischt. Das schmeckt !!! Unglaublich, ich verputze alles bis zum letzten Krümel.

Der Mann ist recht gesprächig und erzählt mir, dass er die Wasserstände von dem Fluss in diesem Tal mißt und der zentralen Wetterstation meldet. Seit nach einem schweren Hochwasser auf einem Campingplatz mehrere Touristen ertrunken seien, melde man nun regelmäßig die Wasserstände.

In der Gite wird der Fernseher und DVD-Spieler mit einer Autobatterie betrieben, da es keinen Netzstrom gibt. Der Mann sagt aber, das käme bald. Bis dahin lief eben alles über die Akkus. Auch das elektrische Licht würde darüber betrieben.

Am Abend seviert er mir noch einen leckeren Tajine, den ich auch noch bis auf den Boden verputze. Kaum bin ich in den Bergen, kann ich auch Berge essen!

 
Dienstag, 26.2.

Von Imedoukal, so hieß der Ort, wo ich in der Gite war, fahre ich weiter das Tal hinab nach Toufrine. Über eine Brücke geht es hinüber über den von den starken Regenfällen der letzten Tage reißenden Fluss. Als ich den Ort erreicht habe, werde ich von einem Mann angesprochen, der hier einen kleinen Andenkenladen hat. Eigentlich will ich gleich weiterfahren, brauche aber noch ein paar Lebensmittel. Die will er mir gerne besorgen, obwohl der Laden unten an der Brücke geschlossen hat. Na und nebenbei steckt er mich in seinem Laden in Berberklamotten um mich zu fotografieren. So stellt sich heraus, dass er die Gite d’Etape hier verwaltet und auch Wanderungen organisiert.

So schnell wird man Berber!

So schnell wird man Berber!

Na ja, eigentlich wollte ich ja mal mit Katja einen Wanderurlaub im Hohen Atlas verbringen  und gleich wittert er das Geschäft – offeriert mir geführte Wanderungen von 4-7 Tagen mit Biwak und Gepäcktransport auf Maultieren.

Für heute schlägt er vor, ich könne eine Wanderung in ein sehr schönes Dorf weiter oben im Tal machen – das müsse man wegen seiner Ursprünglichkeit einfach gesehen haben wenn man schon mal hier sei. Da der Fluss so hoch sei, könne ich einen Esel haben und einen Guide dazu – na ja, warum nicht? Aber ich handele ihn noch herunter mit dem Preis.

Und schon sitze ich auf dem Rücken des Esels, es geht durch Schluchten und auf Wegen, auf denen mehr Eselverkehr als Autoverkehr herrscht. Immer wieder werden Dörfer passiert, in denen die Zeit stillzustehen scheint.

Beim Furten ist so ein ‚marokkanischer Mercedes‘ wirklich Gold wert, die Füße bleiben trocken und man kann gleichzeitig noch in der Landschaft herumschauen. Nach der Flussdurchquerung steige ich wieder ab und gehe den Rest zufuß, bis dass wir den Zielort Magdaz erreichen. Es ist super ursprünglich dort und durch einen Innenhof betreten wir den Innenraum, wo wir von einem älteren Mann freundlich aufgenommen werden und später auch etwas zu essen bekommen. Später gehen wir noch auf die Dachterasse und genießen den Ausblick, es ist sehr eindrucksvoll. Als wir zurückreiten, ist schon später Nachmittag. Von Westen zieht ein Gewitter auf. Über den Bergen blitzt es einige Male ganz hell. „Der Blitz Gottes“ meint der Führer. Und als hätte dieser das gehört, bleiben wir bis zur Rückkehr nach Toufrine am Abend fast trocken.


Per Esel geht es durch urige Dörfer


Per Esel geht es durch urige Dörfer

Man hat mir angeboten mit der ganzen Familie izu essen und ich betrete das Haus. Unten ist der Stall, und darüber ist die Küche, in der der Tajine auf dem Holzfeuer geschmort wird. Im benachbarten Raum essen wir mit der Mutter des  Gastgebers zusammen. Er sagt, sie habe so schlimm Rheuma und den Raum seit 3 Monaten nicht verlassen, sie sei einfach zu schwer um sie zu bewegen. Wenn ich also wiederkomme, sollte ich ein Medikament gegen Rheuma mitbringen.

Am Abend erfahren wir aus dem Radio, dass das Wetter morgen richtig schön wird. Ich freue mich, auf der „Route der Kasbahs“ endlich zelten zu können und die Wärme zu genießen.


Mittwoch, 27.2

Tatsächlich ist es heute wolkenlos – jedoch verdammt kalt hier oben, immerhin liegt Toufrine auf etwa 1800 Meter Höhe. Ich breche zeitig auf, denn es geht ja erst mal hinauf zum letzten Paß. Dieser entpuppt sich als landschaftlich wunderschön – die schneebedeckten Viertausender ragen hinter den noch braunen Weiden empor auf denen Ziegen weiden. Immer noch kaum ein Auto, kein Tourist weit und breit – der Marokko-Geheimtipp schlechthin. Hinter der Anhöhe ändert sich das Landschaftsbild – jetzt wird es trockener und nach der Abfahrt spürbar wärmer. Weiter unten in den kleinen Dörfern, die hier aus Lehmhäusern bestehen, waschen Frauen Kleidung in den Bergbächen und legen sie zum Trocknen auf den Boden in die Sonne. Es geht weiter hinab und bald ist der Fuß des letzten Berges erreicht – jetzt beginnt die Ebene um das Dades-Tal.

Die herrliche Paßstraße von Toufrine nach Skoura

Die herrliche Paßstraße von Toufrine nach Skoura

Als ich auf die Haupstraße von Ouarzazate nach Skoura stoße, kann ich mit Sommerkleidung fahren und die Sonne prallt auf meine Haut. Ich genieße es. Kurz vor Skoura tauchen Orte auf, die von romantischen Palmenhainen durchzogen sind und von Lehmkasbahs beherrscht werden. Eine Postkartenidylle von Marokko und doch wirkt es irgendwie entdeckt, ganz anders als die Strecke über Toufrine.

Am späten Nachmittag erreiche ich Skoura, quartiere mich auf dem Zeltplatz ein. Der Campingwart ist zwar zuvorkommend, er zeigt mir alle sanitären Einrichtungen, erklärt mir alles, lädt mich zum Tee ein, aber auch ein wenig aufdringlich. Offenbar will er nicht wahrhaben, dass ich sein Angebot zum Abendessen ablehne. Heute mal kein Tajine, dafür Milchreis mit dem Campingkocher, der Gott sei Dank wieder dicht ist. Auch eine andere Teesorte bringt mal Abwechslung ins Spiel.

Am Abend quartiert sich noch ein Radfahrer aus Belgien ein, der in 2 Wochen fast das gefahren ist was ich in 4 Wochen vorhabe, nur dass ich die Pisten fahre, die er sich ausgespart hat.

Ich lade ihn noch auf einen Tee ein und es stellt sich heraus, dass er auch Triathlet ist, sodass wir am Abend noch lange fachsimplen, wobei ich mit meinen Französischkenntnissen an meine Grenzen stoße.

Donnerstag, 28.2.

In Skoura gibt es einen Radmechaniker, Hunderte Fahrräder lehnen davor, trotzdem kommt er gleich auf mich zu, als ich halte und zu ihm hinüberschaue. Ich versuche ihm begreiflich zu machen, dass mein Tretlager Spiel hat. Er rüttelt mal daran, dann zieht er die Kurbeln an, darauf bin ich auch schon gekommen ... Als er merkt, dass die bombenfest sind, greift er zur Ölflasche und ölt alle beweglichen Teile ein, na ja, keine schlechte Idee, aber mein Tretlager wird davon auch nicht fest ... Dann weise ich ihn darauf hin, dass die Schaltung nicht optimal eingestellt ist. Er dreht etwas an der Schraube, fordert mich auf eine Runde zu fahren und macht dann ein Zeichen: fertig. Wieder rüttele ich an meinem Tretlager, da nimmt er Hammer und Meißel und haut gegen den Konterring! Oh nein ... ich sehe zu, dass ich bezahle und mache die Fliege. Am Ortsausgang denke ich darüber nach, Gott sei Dank, dass ich nur ein Problem mit dem Tretlager und nicht mit den Zähnen habe, aber das Spiel ist ein kleines bisschen geringer und jetzt ist es mir egal, ich riskiere es, wird schon durchhalten.

Das Wetter ist super heute, wolkenlos, schön warm und jeder Ort hat seine Kasbahs. Dazu gibt es die hier typischen Geschäfte die Rosenwasser und sonstige Rosenprodukte verkaufen.

Ein Geschäft, das Rosenprodukte verkauft


Ein Geschäft, das Rosenprodukte verkauft


Am Mittag mache ich Pause in einem schönen Palmenhain, in dem die Vögel so laut singen, als wollten sie mir persönlich den marokkanischen Frühling demonstrieren. Plötzlich kommt ein Junge und setzt sich zu mir. Wir wechseln ein paar Worte. Er bricht ein paar Blätter von einer Palme ab und flechtet daraus ein kleines Kissen. Ich bin beeindruckt von seinen Fähigkeiten. Ich lasse ihn von meinem Tee probieren und gebe ihm noch einen Beutel mit.

Dann fahre ich weiter ... ein schönes Stück Land für eine Pause, aber es kommen noch viele weitere.

Am Nachmittag zweige ich vor Boulmane ab und bleibe im Dades-Tal. Nun wird es einmalig schön. Links und rechts des Tales ragen hohe Berge auf, im Hintergrund auch verschneite Bergriesen. Im Tal liegen Kasbahs und die Hänge beeindrucken durch die Farbtöne der Erde. Es sind sehr schöne Brauntöne, die in der Nachmittagssonne mit ihren Schatten wundervoll wirken. Ich mache viele Bilder. Auf dieser Tour habe ich ja zum ersten Mal die neue digitale Kamera dabei und habe praktisch unerschöpflichen Speicherplatz mitgenommen, was für Marokko wohl eine gute Wahl ist.

Gegen Abend kommt ein eindrucksvoller Felsen in Sicht, der Affenfelsen, und genau davor liegt ein Campingplatz, der ausnahmslos von belgischen und französischen Caravans bewohnt wird.

Als ich mein Zelt aufgeschlagen habe, gehe ich im nächsten Ort in einem sehr stilvollen Restaurant essen. Auf dem Rückweg genieße ich den klaren Sternenhimmel, die saubere Luft und vor allem die Stille.


Freitag, 29.2.

Heute erwartet mich eine wunderschöne Etappe: die Dadesschlucht. Das Wetter kann nicht besser sein, wie gestern: keine Wolke und warm. Meine einzigen Bedenken sind, dass ich irgendwo durch eine Furt wegen der hohen Wasserstände nicht durchkomme. Und das fängt auch schon früh an: in einer ganz engen Stelle ist die Straße überflutet. Als mir aber ein Radfahrer entgegenkommt, weiß ich, es kann nicht tief sein und schiebe das Rad mit Sandalen durch die Fluten. Die Autos passieren die Stelle als wäre es gar nichts Besonderes.

Fußbad im Dades


Fußbad im Dades


Im nachfolgenden Ort wieder bettelnde Kinder. Als ich ihnen zu erkennen gebe, dass ich nichts für sie habe, fragen sie nach einer Luftpumpe, da sie alle mit ihren Kinderrädern unterwegs sind. Also hole ich die Pumpe raus und pumpe die schlappen Reifen auf, einen nach dem anderen, ein Kind hat einen Vorderreifen, an dem Hopfen und Malz verloren ist, es haben sich lange Risse an den Flanken gebildet und der Schlauch ist etliche Male geflickt. Mit einem neuen Schlauch kann ich ihm bei der Größe natürlich nicht dienen.

Heute habe ich mindestens einen genauso schönen Picknickplatz wie gestern mit Ausblick auf die hohen Berge des Atlas und auch wieder in einer Flußoase, in der im Sommer Gemüse angebaut wird. Alles wirkt friedlich und idyllisch, der Traum eines Radreisenden...

Zauberhafte Dades-Schlucht mit Bergpanorama


Zauberhafte Dades-Schlucht mit Bergpanorama


Die Schlucht weiter oben ist ein riesiger Canyon: man blickt weit in die Tiefe, die Straße schraubt sich die Kehren hinauf und immer wieder passiere ich Viehherden. Es wird einsamer und untouristischer. Für mich das schönste Stück heute. Zur Abwechselung nehme ich mal einen kurzen Film auf, wie schon heute morgen nach Passieren der Furt.

Am Ende der Schlucht gelange ich auf eine eindrucksvolle Hochebene. Dort liegt ein Ort namens Msemrir. Als ich in ihm stehe, entpuppt sich das ganze als Touristenort und gleich preist man mir die Hotelunterkünfte an. Für mich ist nur der Lebensmittelladen interessant, dann fahre ich weiter.

Am Ende des Ortes hört der Asphalt auf, die Piste beginnt, die mich bis Agoudal begleiten soll. Ob ich die Furten und den Schnee oben auf den Bergen jetzt im März meistern kann? Der höchste Paß liegt auf knapp 2800 Metern und es hat in den letzten Wochen viel geregnet in den Bergen ...

An einem Abzweig steht ein Mann, der mir gleich den Weg in das letzte Hotel 4 Kilometer weiter weisen will, es ist das von dem schon die Leute in Msemrir sprachen. Als ich sehe, dass er einen Swimmingpool und den ganzen Zivilisationskram hat, treffe ich die Entscheidung, einfach weiterzufahren, immerhin ist ja schönes Wetter und zelten kann man hier überall, möglichst ohne aufdringliche Leute.

Erstaunlicherweise kommen aber immer wieder Orte am Wegesrand, auch wenn ich immer mehr in die Berge hineinfahre. In einem erblicke ich plötzlich ein Schild: Camping, Restaurant. Auch wenn es noch früh ist, hier sollte ich bleiben. Ein Mann mit langem Bart, der sehr urig wirkt, zeigt mir den Platz, an dem ich mein Zelt aufbauen kann, eine Dusche gibt es auch, selbst einen Couscous kann ich heute Abend bekommen. Neben meinem Zelt genieße ich die letzten wärmenden Sonnenstrahlen des heutigen Tages.

Am Abend gehe ich wieder in das „Restaurant“ das eigentlich nur aus einem größeren Raum mit Tresen besteht, wobei die hintere Ecke mit Teppichen ausgelegt ist. Der Gastgeber bringt erstmal in aller Seelenruhe die Sachen von draußen herein und beachtet mich gar nicht. Dann verrichtet er sein Gebet. Als ich ihn irgendwann höflich frage, ob er noch an den Coucous denkt, meint er, ja den bekäme ich um 20.30 Uhr. Alles kein Problem, nur wird es langsam ziemlich kalt hier drin. Ich stoße leise Flüche aus, wenn ich das gewußt hätte, hätte ich selber gekocht!

Aber Geduld ist eine Tugend: um Punkt halb neun erscheint der urige Mann wieder im Laden und setzt den Topf auf. Als ich mein Essen später bekomme, meint er, ich solle sagen „Bismil“ was Arabisch für „im Namen Gottes“ ist. Er muss wirklich sehr religiös sein, was sich schon an seiner ganzen Optik zeigt, also er sieht Osama Bin Laden nicht unähnlich... Nichtsdestotrotz, ich esse meinen Couscous und tanke die Energie für die anstrengende Etappe morgen.

 

Samstag, 1.3.

In der Nacht nerven mich bellende Hunde im Ort. Man wird mir erklären, dass diese früher den Schäfern gehörten, heute verwildert sind, tagsüber sich in den Bergen herumtreiben und nachts im Ort nach Futter betteln. Ich habe begrenzt Verständnis für diese Ruhestörung, will ich doch irgendwann mal ein Auge zumachen.

Am Morgen starte ich dann weiter das Tal hinauf. Bald ist das letzte Dorf erreicht und Kinder sagen mir, da käme ich nicht weiter und zeigen auf die Wegerichtung, in die ich will. „Ich will aber nach Agoudal“ entgegne ich. „Es gibt Schnee und Matsch“ entgegnet man. Wir werden ja sehen.

Die Furt ein Stück weiter inspiziere ich genau, 200 Meter flußaufwärts entdecke ich eine viel bessere Stelle zum Furten. Schließlich zeigt mir ein Bergbauer die genaue Linie für die beste und sicherste Furt. So... das wäre geschafft, aber der nun sehr holprige Weg nimmt Kurs bergauf und erinnert mich an eine Hochlandstrecke im Osten Islands. Ich nehme mir viel Zeit um die Landschaft um mich herum zu betrachten, vor allem den blutjungen Dades, der schon hier einen tiefen Canyon gegraben hat.

Am Mittag bin ich am ersten Paß, hier steht ein verfallenes Haus, das super Windschutz bietet. Ich nutze ihn um ‚ne Stunde Siesta auf meiner Isomatte neben den Schneehaufen zu machen. Irgendwie schon komisch: während zur gleichen Zeit einige Breitengrade nördlicher (in den Alpen) viele meiner Landsleute (darunter auch meine Schwester) auf Brettern die Berge herunterfahren und jetzt gerade an überlaufenen Almhütten in genau dieser Höhe neben Schneehaufen ein Sonnenbad nehmen, fahre ich mit dem Mountainbike über holprige Pisten und genieße hier Stille und Einsamkeit. Ich möchte nicht tauschen!

 Über die Piste nach Agoudal erklimme ich das Dach Nordafrikas


Über die Piste nach Agoudal erklimme ich das Dach Nordafrikas


Dann fahre ich aber weiter, rausche über den Schnee, der teilweise noch auf dem Weg liegt und gelange in eine Art Hochebene, die wieder ihren ganz eigenen Charakter hat. Es wirkt alles eher nordisch, so wie Nordschweden. Manche Berge um mich herum sind noch ganz von Schnee bedeckt. Dann komme ich in den Matsch ... Matsch überall, die Reifen blockieren, da sich der Matsch in den Bremsen festsetzt und in den Schutzblechen. Die nehme ich erstmal ab, trotzdem habe ich den Matsch überall und muss warten, bis er trocknet und abfällt.

Plötzlich vernehme ich ein Motorengeräusch – tatsächlich hat es ein Geländewagen bis hierher geschafft. Als er neben mir ist, hält er an und der Fahrer fragt nach meinem Wohlbefinden. Ja ok, sage ich, aber der Matsch plage mich. Es sind 2 junge Spanier, die aber recht gut Französisch sprechen. Wie weit es noch bis Agoudal sei, möchte ich wissen. Da wird erst mal das Notebook an das GPS angeschlossen und nach ein paar Minuten präsentiert man mir die gleiche Karte, die ich ausgedruckt in meinem Kartenfach habe. Unsere Position so leicht angedeutet. „Ist nicht mehr weit“, meint der Fahrer. Da bin ich ja jetzt so viel schlauer als vorher, und die ganze Technik ist mal wieder mehr Show als sonstwas gewesen. Ich bleibe meinen Karten treu und habe auf GPS verzichtet, da mir das hier eh nichts nützt.

Hinter dem zweiten Paß erblicke ich voller Erstaunen den Geländewagen wieder – sie haben sich in einem Schneefeld festgefahren. Als ich schieben helfen will, lehnen die beiden Männer dankend ab und meinen, sie werden eine andere Route fahren, und zeigen auf die andere Talseite. Ich schiebe über die Schneefelder und sinke teilweise bis zu den Knien ein. Dann geht es hinauf zum dritten Paß, hoffentlich der letzte für heute. Für mich sieht es aus als wenn ich die Strecke tatsächlich packen würde, aber ob es die Spanier schaffen?

Die Abfahrt von dem Paß ist landschaftlich ein Leckerbissen und als ich wieder eine Talsohle erreiche, verkündet ein Berghirte, dass es bis Agoudal noch 16 Kilometer sind. Das schaffe ich heute noch – da gibt es eine Möglichkeit zu essen und das ist bei meinem Bärenhunger jetzt mehr als ein Argument. Aber bis dahin gibt es noch einige Furten zu queren.

Herrliche Abendstimmung vor Agoudal

Herrliche Abendstimmung vor Agoudal

Erst als es schon beginnt, dunkel zu werden, sehe ich der Ferne Häuser – Agoudal. Da höre ich hinter mir einen Geländewagen – die Spanier, sie haben es auch geschafft. Im Ort werde ich gleich von bettelnden Kindern umlagert. Rettung naht von den Inhabern der Auberge, die mich auf dem Fußweg vom Ort zu ihrer Herberge führen. Auf dem Hinterhof steht der Wagen der Spanier und drinnen erwartet mich eine gemütliche Atmosphäre. Ein langgezogener Raum mit einer Sitzecke vorne, an den Wänden Bilder aus der Gegend. Die Wärme tut jetzt gut, wo es draußen doch in dieser Höhe um diese Zeit empfindlich  kühl wird.

Nach einer Zeit kommen die Spanier herein und bei einem Tee unterhalten wir uns. Sie wollen morgen weiter bis nach Mides fahren. Außerdem sind noch einige französische Jugendliche hier, die irgendetwas in der Schule im Ort zu tun haben wie ich höre.

Erst spät gibt es Essen, dann aber reichlich, der Wirt bringt mehrere große Teller Tajine für alle. Ohne Besteck, typisch marokkanisch, tunken wir unser Brot in die Tonteller und hoffen, was Gutes bleibt hängen.

Am späten Abend ist Berberfest vor der Herberge. Es ist recht zünftig, Problem ist aber die Kälte, meine Müdigkeit und das Problem, dass wir Touristen allesamt überhaupt nicht verstehen, worum es geht in dem Rollenspiel, da alles auf Berberisch ist.

Um Mitternacht gehe ich schlafen und bin gleich weg, obwohl der Lärm mit Trommeln und Musik wohl noch viel länger geht.


Sonntag, 2.3

Am Morgen stehe ich spät auf. Die Sonne steht schon hoch am Himmel und ich bekomme ein Frühstück auf der Terrasse de Herberge. Die Kinder aus dem Dorf glotzen neugierig zu uns Touristen herüber.

Der Wirt will mich überreden, heute hierzubleiben und erst morgen weiterzufahren. Erst will ich am Mittag starten, aber schließlich überlege ich es mir doch anders. Ich werde heute einen Ruhetag einschieben, schließlich muss ich heute morgen erst mal den Matsch von meinem Rad herunterkriegen. Dafür lasse ich mir Wasser und einen Besen reichen. 3 Stunden wasche ich, danach habe ich das Rad und die Taschen zumindest so weit, dass ich weiterfahren kann.

Danach gehe ich in den Ort, um mir die Kasbah anzusehen. Die Häuser sind sehr sehr idyllisch mit ihrem Lehm, in einem Giebel nistet ein Storch. Aber kaum bin ich wieder an der Stelle, wo ich gestern von den Inhabern der Herberge „abgeholt“ wurde, werde ich wieder von Kindern umlagert, und als ich für Mittag eine Kleinigkeit kaufe, ein paar Mandarinen, geben sie nicht eher Ruhe, bis dass ich mehr verschenkt habe als selbst essen kann.

Am Fluss sitzen die Frauen und Waschen Kleidung, schlagen Staub aus den Fellen und klönen. Die Kinder jedoch folgen mir egal wohin ich gehe und als ich es leid bin, gehe ich wieder zurück zur Herberge.

Kaum bin ich auf der Terrasse, schüttet man mir angenehm lauwarmes Wasser über die Hände: das marokkanische Waschritual vor dem Essen. Es gibt doch noch Mittagessen, ich bin gerade richtiggekommen.

Am Nachmittag unterhalte ich mich mit den Franzosen und relaxe in der Höhensonne, es ist sehr angenehm, nur am Abend wird es wieder kalt.

Morgen werde ich früh aufbrechen.
 
Die Herberge „Chez Ibrahim“ von Agoudal

Die Herberge „Chez Ibrahim“ von Agoudal
 

Montag, 3.3.
 

Um 7 Uhr wollte ich frühstücken, stehe zeitig auf: keiner da. Erst 20 Minuten später bequemt sich der eine Wirt, mir Frühstück zu machen.

Dennoch, um 8 breche ich auf, früh genug, um die Morgenstimmung in Agoudal ohne bettelnde Kinder, aber mit zugefrorenen Pfützen zu genießen. Ich verlasse das Dorf, und es geht los mit den Furten: immer wieder kleine Flüsse aus den Seitentälern, die überquert werden müssen. Wieder passiert die Piste eine traumhafte Berglandschaft, aber trotzdem fand ich das vorgestern noch eine Spur dramatischer. Ganz karg ist die Landschaft, nur Steine und in der Ferne die schneebedeckten Berge.

Dann nähere ich mich dem Paß und rechts blicke ich wieder in einen gewaltigen Canyon. Links windet sich die Piste hinab, ich bin laut Karte auf genau 2700 Meter Höhe. Ein wunderschöner Ausblick und ab jetzt wird es bis Tinerhir nur noch runtergehen.

Ich fahre hinab. Der erste Ort ist Toumline. Bei Ait Hani muss ich nochmal einen Fluss überqueren, dahinter beginnt der Asphalt. Ich verlasse den Ort auf einer schnurgeraden Straße, es geht weiter bergab und erreiche eine sehr beeindruckende Hochebene. Am Straßenrand befinden sich Cafes, die nicht größer als ein Ziegenstall sind.

Postamt in einem Dorf bei Ait Hani


Postamt in einem Dorf bei Ait Hani 

Am unteren Ende der Hochebene liegt Tamatouchte, ein langezogener Ort mit einigen Hotelanlagen, an einer mache ich noch eine Pause, es ist alles total verschlafen, die Inhaber sagen, dass die Saison jetzt erst beginne, im April werde es viel voller sein.

Dann folge ich weiter der Straße und bald beginnt die Todhra-Schlucht.

 Eindrucksvolle Stelle in der Todrha-Schlucht


Eindrucksvolle Stelle in der Todrha-Schlucht
 

Es ist sehr eindrucksvoll: fast senkrecht fallen links und rechts die Felswände ab, teilweise bis zu 200 Meter hoch und ich lasse mein Rad genußvoll hinabrollen. Erst im unteren Teil, wo es den berühmten „Durchstoß“ und das Hotel gibt, sehe ich einige Touristen. Dahinter erblicke ich dann wieder Palmenhaine und singende Vögel wie vor einigen Tagen. Ich bin wieder fast auf der Route des Kasbahs.

In einem Ort unweit vor Tinerhir schlage ich mein Zelt auf einem wunderschönen Campingplatz auf, der sich „Garten Eden“ nennt. Sein Name passt: er liegt herrlich im Palmenhain, Vögel singen laut, Wasser plätschert und alles ist von saftigem Grün.

Am Abend koche ich mir wieder selber, ein erlebnisreicher Tag heute!
 

Dienstag, 4.3.
 

Am Morgen wecken mich die Vögel und die im Konzert quakenden Frösche: herrlich! Sonst ist kein Mensch auf dem Platz weit und breit, vorne wird gebaut, alles für die kommende Saison vorbereitet.

Ich genieße mein Frühstück und lasse mir viel Zeit.

Als ich wieder unterwegs bin, blicke ich auf die schöne Oase zurück, dann komme ich an eine Stelle wo ich auf Tinerhir und die Ebene schaue, die staubtrocken zu sein scheint. Da fahre ich heute durch.

Die Hauptstraße ist auch gar nicht interessant: Wüste links und rechts, in den Orten vielleicht mal eine Kasbah. Am Mittag bin ich in Tinjdad, wo ich inmitten Hunderten von Kindern und Jugendlicher Radfahrer, die von der Schule kommen, die Straße teile.

Am Nachmittag wird es über den Bergen dunkel. Der nächste Ort, den ich erreiche, heißt Goulmima und ich entschließe mich, auf einen Tee einzukehren.

Als ich auf die Karte schaue, merke ich, dass ich es nicht mehr bis Er Rachidia schaffen werde heute. Also werde ich hier auf dem Campingplatz bleiben.

Der Ort ist ansonsten wenig touristisch und es gibt sehr landestypische Einkaufsstraßen.

Mittwoch, 5.3.

In den Bergen muss es gestern Abend geregnet haben, es wurde plötzlich so kühl, aber hier kamen nur wenige Tropfen herunter. Heute morgen ist es wieder sonnig.

Ich verlasse die Oase von Goulmima und nehme den Anstieg auf die trockene Hochebene, die mich etwa 60 Kilometer begleiten wird. Dennoch bin ich mittags schon in Er Rachidia. Hier wurden die meisten Szenen von „Drachenläufer“ gedreht.

Ich esse auf einer ruhigen Wiese zu Mittag und werde dabei von einem Marokkaner bequatscht, eine Tour im Geländewagen nach Merzouga mitzumachen. Mindestens siebenmal erklärt er mir die Tour, es nervt irgendwann, trotz herrlicher Sitzposition und Sonne.

Ich fahre weiter. Er Rachidia hat eine Verkehrsinfrastruktur wie eine Großstadt: vierspurige Straßen, Ampeln, große Parkplätze, Parkanlagen. Ich verlasse die Stadt.

Bei Meski ist auf meiner Karte die „Blaue Quelle“ als Sehenswürdigkeit eingezeichnet. Das Ganze entpuppt sich als Campingplatz in einem Palmenhain mit überwiegend deutschen Touristen. Also gleich weiter. Die Strecke führt weiter über die karge Hochebene, um dann in das wunderschöne Tal des Ziz hinabzuführen. Der Blick ist herrlich: ein kilometerlanger Teppich von Dattelpalmen, dazwischen kleine Orte mit Lehmhäusern, traumhaft! Manche Orte, die ich passiere, haben auch eine Kasbah und es ist wieder diese Postkartenidylle mit den Lehmhäusern vor den Palmen und dem azurblauen Himmel.

 Das Tafilalet ist die größte zusammenhängende Flussoase Marokkos


Das Tafilalet ist die größte zusammenhängende Flussoase Marokkos

Als die Sonne schon untergeht, erreiche ich Erfoud, besser gesagt, den Campingplatz vor Erfoud. Laut Reiseführer gilt Erfoud als das Touristenzentrum des Tafilalet, aber kurioserweise ist der Platz ganz leer, alles wirkt wie ausgestorben!

Als ich dann mein Zelt einfach aufbaue, kommt doch noch jemand und zeigt mir die sanitären Einrichtungen.

Am Abend probiere ich mal das Essen eines feudalen „Hotel Kasbah“ kaum einen Kilometer vom Campingplatz weg. Doch nach erster Euphorie muss ich feststellen, dass dies mit dem wirklichen Marokko wenig zu tun hat: das Essen ist für den hohen Preis nur durchschnittlich, die Musik nervt und alles viel zu sauber für ein authentisches Marokko ...

Donnerstag, 6.3.

Am Morgen fahre ich die Strecke weiter Richtung Erfoud, es ist ein Ort, der mitten in einer riesigen Oase liegt. Zahlreiche Wohnmobile sind am Straßenrand geparkt. Ich fahre gleich weiter nach Rissani, das mich mit seinem Stadttor begrüßt. In der Stadt herrscht lebhaftes Treiben: eine Großdemo und als ich in den Souk einbiege, lockt man mich gleich in einen Gewürzladen. Da ich aber noch so viele Möglichkeiten haben werde, Gewürze zu kaufen, gehe ich schnell weiter. Lieber auf den Obstmarkt, dann Reis und Konserven, schließlich muss ich mich mit Proviant für die Wüste eindecken. Rissani ist auch bekannt für seinen Viehmarkt, einen für Schafe, einen für Ziegen und einen für Kühe. Ansonsten halt ein großer Souk mit allen Sorten Läden.

Ich fahre weiter, da mir alles zu hektisch ist, picknicke wieder im Palmenhain und fahre dann weiter die Strecke nach Merzouga.

Der Palmenhain wird bald von einer öden Steinwüste abgelöst, dahinter ragen die orangegelben Dünen auf. Letztere kommen schnell näher und ich zweige in einen Weg nach links ein, genau auf eine hohe Düne zu. Davor liegt ein kleiner Ort mit einem Campingplatz: ich staune nicht schlecht: das Gelände ist winzig, jeder Stellplatz belegt, aber mir bietet man den Platz vor den Mülleimern an. Nun ja, für eine Nacht wird es gehen, die anderen werden hier in der Touristenecke wahrscheinlich genauso voll sein.

Gegen Abend steige ich auf die Düne, auf die ich eben zugehalten hatte. Der Ausblick ist wunderschön, ich filme eine 360 Grad Sicht und die Abendstimmung: grandios!

Erst als die Sonne schon im Dunst verschwunden ist, sehe ich eine Touristengruppe, die ebenfalls diese Düne heraufsteigen will. Als sie sprechen, höre ich, dass es Deutsche sind.

Abends bekomme ich ein sehr gutes Menü auf dem Campingplatz, und danach gibt es noch Musik mit Trommeln. Es ist sehr schön.

Das magische Dünenmeer von Merzouga ist wahrhaft ein Touristenmagnet

Das magische Dünenmeer von Merzouga ist wahrhaft ein Touristenmagnet



Freitag, 7.3.

Am Morgen ziehe ich weiter, erreiche Merzouga, sehe Skier an den Hauswänden lehnen, mit denen Touristen die Dünen herunterfahren und setze meine Fahrt fort. Hinter Merzouga wird es ruhig: die Straße bleibt asphaltiert, aber kaum noch ein Auto, alles leer. Ich passiere einen Ort, in dem überwiegend Haratim, also Schwarze wohnen und erreiche vor Mittag Taouz.

Dort muss ich meine letzten Einkäufe tätigen, denn ab hier beginnt die Wüste.

Ein Junge lädt mich zu sich nach Hause ein, er wohnt in einem ganz simplen Lehmhaus, sehr eindrucksvoll und von der Dachterrasse blickt man weit hinein in die monotone Öde. Arbeit gibt es für ihn nicht, also lebt er ein wenig von den Touristen.

Ich erzähle ihm von meinem Vorhaben, bis nach Zagora zu fahren über die „Piste interdite“. Er gibt mir einige Tips, vor allem für den ersten Teil in Richtung Osina.

Ich fahre los, ab jetzt gibt es ja nur noch die Piste, ist aber noch ganz gut zu fahren. Am Nachmittag komme ich an einem kleinen Ort vorbei und frage ob ich richtig bin. „Ja“ meint man, hier weiter, dann links halten. Immer wieder begegnen mir LKW’s, die aus den naheliegenden Phosphatminen kommen. Ich schaue auf meine Karte: die Richtung stimmt, es geht weiter durch das Tal des Ziz, das hier ständig ausgetrocknet ist.

Plötzlich sehe ich ein Mofa: es dreht um, und kommt auf mich zu. Ich halte an. Der Fahrer, ein junger Mann, sagt, hier gehe es nicht weiter, der Weg führe ins Nichts, ich müsse zurück in den Ort und dann rechts ab wenn ich nach Osina wolle. Wie bitte? Das kann doch gar nicht sein! Aber irgendwie hat er doch recht, ich bin viel zu weit westlich nach der Karte, Mist! Er meint, er würde mit mir fahren bis zur Aubege von Osina. Also los. Im Ort sind wir schnell, ich hatte gar nicht gemerkt, wieviel es raufging, aber dann wird’s kriminell: wir fahren parallel zur Hauptpiste, um ein paar Kilometer zu sparen, aber das Ganze ist total versandet! Immer wieder muss ich absteigen, um durchzuschieben durch den Sand und er fragt auch noch, ob ich müde bin, Frechheit!

Wenn es ja nicht schon bald dunkel wäre, wäre alles kein Problem, aber jetzt können 10 Kilometer ziemlich weit sein! Dennoch, wir fahren weiter, die Landschaft ist hier wunderschön, Dünen links und rechts, und wenn ich alleine wäre, würde ich jetzt mein Zelt aufschlagen!

Bald ist es dunkel. In seinem Lichtschein fahre bzw. schiebe ich weiter, wie lange noch? Der Sternenhimmel breitet sich über uns aus. „Noch 2 Kilometer“ meint er. Die ersten Häuser kommen in Sicht.

Endlich sind wir da, und als ich den Raum betrete, bin ich froh, bis hierher durchgehalten zu haben, zur „Herberge Tor zur Sahara“, alles ist ganz neu, stilvoll und er zündet mittelalterlich anmutende Laternen an. Schlafen werde ich hinter dem Haus in einem Berberzelt. Als ich dusche, besorgt er noch ein Brot für das Abendessen.

Eine halbe Stunde später hat er einen leckeren Tajine für mich gemacht.
 

Samstag, 8.3.
 

Draußen ist es schon hell und die Sonne wärmt bereits das Zelt als ich aufwache.

In der Herberge bereitet der Mann bereits das Frühstück für mich – auf dem Tisch hat er Räucherstäbchen angezündet, die einen herrlichen Geruch nach Rosen verbreiten.

Von der Seite des kleinen Dorfes unweit von hier nähert sich ein Mofafahrer und ich sehe, dass er sichtlich Mühe hat, durch die Sandstellen zu kommen, aber er scheint es zu nehmen, als sei das alles die normalste Sache der Welt.

Nach dem Frühstück bezahle ich und setze meine Route fort. Die Landschaft ist wirklich einmalig – links und rechts erstrecken sich schwarze Berge, davor Dünenkämme mit orangegelbem Sand und vor mir liegt ein in der Morgensonne hellweiß wirkender trockener Salzsee. Diesen quere ich und fahre nach den harten Sandpassagen wie auf Asphalt. Doch die Freude währt nur kurz – bald schiebe ich wieder durch tiefen Sand. Heute nehme ich es ruhig: ich lasse mir Zeit, schaue mir intensiv die Landschaft an und habe dennoch den Vorteil, das Gepäck nicht tragen zu müssen wie ein Wanderer.

 
Solche Sandpisten sind meist nur schiebend zu bewältigen

Solche Sandpisten sind meist nur schiebend zu bewältigen
 

Begegneten mir gestern noch ab und zu Geländewagen von Touristen, bleibt es heute still. Kein Auto in Sicht -–es ist so ruhig, dass ich mein Blut rauschen höre.

Am Nachmittag erreiche ich wieder eine Auberge und der Inhaber, der sogar Englisch spricht, lädt mich auf einen Tee ein. Er meint, ich sei der erste Radfahrer, der dieses Jahr hier vorbeikomme, letztes Jahr seien es drei gewesen. Die Hütte bringt wohltuende Kühle. Ob ich denn einen Jan Cramer kenne? Natürlich bejahe ich, ich kenne ihn und er kennt mich und es gebe ja eine deutsche Seite über Radreisen in Marokko, die der Jan betreut, was er sehr interessant findet.

Er hat Anglistik studiert und seine Bachelorarbeit über die Entwicklung des Fremdenverkehrs in der Region geschrieben, ich lese einen Teil seiner Arbeit, in der er vor allem den Tourismus von Merzouga darstellt, der von der Infrastruktur den Ansturm immer noch nicht bewältigen kann.

Ich sage, dass ich nach Zagora will. „Das ist gut möglich“, meint er, nur gleich bei El Remlia müsse ich eine breite Flussmündung überqueren, das sei ganz schön hart, da hätten sogar die Geländewagen ihre Probleme.

Deshalb breche ich am Nachmittag auch wieder auf, bald erreiche ich das Dorf El Remlia, wo man mich aufnehmen will, doch ich lehne höflich ab. Die Oase dort ist gut für die Seele mit ihrem Grün, nach 2 Tagen völliger Kargheit. Doch dann beginnt der Flusslauf und ich schiebe die ganze Zeit. Erst am Abend habe ich das schlimmste hinter mir. Hinter einer Düne schlage ich mein Zelt auf. Ich werfe meinen Kocher an und beobachte den Sonnenuntergang, während mein Reis kocht.

 
Die Oase von El Remlia ist eine wunderbare Abwechslung zur Wüste

Die Oase von El Remlia ist eine wunderbare Abwechslung zur Wüste

Sonntag, 9.3.
 
Zelten zwischen Dünenkämmen hinter El Remlia

Zelten zwischen Dünenkämmen hinter El Remlia
 

So wie es auf der Karte aussieht, müsste ich bald wieder fahren können. Doch die Freude währt nur kurz: nach 2 Kilometer holpriger Piste folgt eine endlos versandete Piste, die breit wie eine Autobahn ist, aber Fahren kaum zulässt. Zumindest lohnt es sich kaum aufzusteigen, um dann nach 10 Metern tief im Sand eingesunken wieder absteigen zu müssen.

Zwar sehe ich viele viele Spuren, aber weiterhin kein einziges Auto weit und breit. Die Landschaft entschädigt für das mühsam langsame Vorwärtskommen: karge Berge, Sand, Dünen, Wüste pur!!!

Am Mittag sehe ich vor mir eine Kamelherde mit Hirten, die Kamele weiden auf einer kargen Wiese, aber dennoch, gegenüber dem kargen Land wirkt das wie Balsam. Dann taucht links eine Herberge auf. Der Wirt kommt gleich auf mich zu und lädt mich zu einem selbstgemachten Wüstenkräutertee ein, wozu ich nicht nein sagen kann. In der Hütte ist es angenehm kühl.

Dann sagt er, ich könne doch heute Nacht hierbleiben, wir könnten zusammen heute Nachmittag auf die Düne gehen, die sich hinter der Hütte erhebt. Na ja, eigentlich keine schlechte Idee. Ich denke mir, eine kleine Pause, wenigstens einen halben Tag, täte mir jetzt recht gut. Ok.

Ich erfahre, dass sie gerade einen Brunnen bauen, etwa 200 Meter vor der Hütte. Wir gehen hin. Sein Vater buddelt in mittlerweile 18 Meter Tiefe, während er und seine Brüder die Brocken in einem Gummieimer hinaufziehen. Jeden Tag graben sie 30 Zentimeter tiefer, 3 Monate graben sie schon. „Aber die Steine, die sie hochholen sind schon feucht“ meint er und hält sie mir hin. „Eine Woche noch bis zum Wasser“ prophezeit er. Dann sagt er „jetzt ziehen wir ihn hoch“ und bald erscheint ein älterer Mann, der auch später von der Enge unten immer noch einen gekrümmt gehenden Eindruck macht. Meine Güte, echt hart deren Leben.



Brunnenbau in der Wüste: alles Handarbeit!

Brunnenbau in der Wüste: alles Handarbeit!

Am Nachmittag steigen wir dann auf die Düne und ich bin völlig weg wegen der Schönheit dieser Wüstenlandschaft. Nach Osten kann ich bis hinter die algerische Grenze blicken über ein riesiges Sandfeld bis zu den Bergen und nach Westen sehe ich die Fläche wo die Hütte steht. Der Dünenkamm ist fast messerscharf. Während mein Gastgeber wieder absteigt, um das Abendessen vorzubereiten, bleibe ich noch lange oben um den Sonnenuntergang zu genießen. Es ist alles noch viel schöner als in Merzouga: die Abendstimmung färbt die Dünen in einem Rotton, traumhaft!
 
Blick bis hinter die algerische Grenze in die Wüstenregion „Kem Kem“

Blick bis hinter die algerische Grenze in die Wüstenregion „Kem Kem“


Montag, 10.3.
 

Der Wirt, der noch sehr jung ist, vielleicht Anfang 20, hat mir gestern Abend eine Skizze für die Weiterfahrt gemalt und gesagt, ab heute würde ich keinen Sand mehr haben. Man wird sehen.

Erst einmal fahre ich an dem Örtchen Tafraoute vorüber. Dann gelange ich auf einen Salzsee. Das habe ich ja schon gelernt – über einen Salzsee macht Spaß, das läßt sich fahren wie Asphalt. Ich halte direkt auf einen Militärposten zu. Dort sagt man, ich müsse mich links halten, wenn ich nach Zagora wolle.

Immer noch ist es einsam – ich treffe mehr Kamele als Menschen, mir soll es recht sein.

Vor dem Berg Agoult erscheint ein häßliches Gebäude, das wie eine Kaserne aussieht, aber eine Herberge mit Campingplatz ist. Es war sicherlich mal eine Kaserne. Gott sei Dank ist Mittag und ich muss hier nicht die Nacht bleiben. Auf der Weiterfahrt verändert die Landschaft ihr Gesicht – jetzt ist es fast tischeben, nur in der Ferne sehe ich Berge, vereinzelt gibt es die Bäume, die üblicherweise in der Trockensteppe wachsen. Unter einem picknicke ich. Nun ich hoffe ich bin richtig, die Skizze hilft und ein GPS habe ich noch nicht vermisst. Der Untergrund lässt sich weit besser fahren als die letzten Tage – statt Sand Geröll, wenn ich einmal 20 und mehr drauf habe flutscht das und ich komme recht zügig voran, am Mittag bin ich trotz der Schiebepassagen am Vormittag schon über 40 Kilometer gefahren.

In der Wüste unterwegs ...


In der Wüste unterwegs ...

Nach weiteren 10 Kilometer sehe ich in der Ferne vor mir Palmen auftauchen – es muss eine Oase sein. Tatsächlich erreiche ich ein Dorf – es ist Omjrane, wo ich in einem kleinen Laden Essen und vor allem Trinken kaufen kann. Nur die Kinder in dem Ort sind wieder eine Plage, genauso wie die Fliegen, die ständig über mich herfallen. Dazu ist es gerade zwischen den Häusern sehr sehr warm.

Der weitere Weg ist leicht zu fahren, ich durchfahre noch eine weitere Oase Tissmoumime, die sehr pittoresk wirkt mit seinen Palmengärten und den Lehmhäusern und schlage am Abend in einem Tal mein Zelt auf. Es kommen hier mehr Autos an mir vorbei, ein Zeichen, dass ich langsam der Zivilisation wieder näher komme.
 

Dienstag, 11.3.

Heute werde ich es gut bis Zagora schaffen. Möglichst bis zum Nachmittag, denn die letzten Nachmittage waren brennend warm.

Ich passiere noch einige Oasen und einen Bergpaß, genauer den „Tizi ‚n Tafilalet“. Dann taucht im Süden eine weite Ebene auf, das Draa-Tal. Dort liegt also irgendwo Zagora. Aber in dieser Ebene ist es verflixt heiß. Erst als ich an einem Bauernhof ankomme, stoße ich nach 250 Kilometer Piste wieder auf Asphalt. Ich bin erleichtert, jetzt habe ich es geschafft, und mit einem kleinen Anflug von Stolz stelle ich fest, dass ich die „Piste interdite“ komplett bewältigt habe.

Diesmal quartiere ich mich auf einem anderen Campingplatz ein, der etwas außerhalb von Zagora liegt. Mir gefällt es dort supergut. Wie schon gewohnt, bin ich wieder der einzige Zelter und auch ansonsten ist dort kaum etwas los, zum anderen ragt ein steiler Berg direkt vor dem Platz auf, eine schöne Kulisse. Der Platz selbst liegt in einem Palmenhain, der wohltuenden Schatten spendet.

Ich koche mir erst mal eine ganzen Liter Tee.

Am Abend esse ich in Zagora selbst in einem absolut günstigen und guten Restaurant ein Menü. Es ist echt ein Fest der Wiederkehr in die Zivilisation. Es ist noch so lau am späten Abend wie bei uns selten an einem Sommerabend.

 
Palast in Zagora

Palast in Zagora
 

Mittwoch, 12.3.

Heute erwartet mich nach Mhamid durchweg eine Aphaltstraße – nach den vielen Kilometern holpriger Piste setze ich das beinahe mit Ruhetag gleich. Nun, ich kenne ja die Strecke von vor 2 Jahren, es sind kaum Berge dazwischen und wenn, dann steigt es eher moderat.

Bevor ich losfahre, bietet mir der Campingplatzbesitzer noch einen Tee an. Er ist wirklich sehr freundlich, überhaupt nicht aufdringlich und wir unterhalten uns noch einige Zeit. Er sagt, dass dieser der erste Campingplatz in Zagora ist.

Dann breche ich auf. Ich passiere den Ort Tamegroute, wo es die vielen Töpfergeschäfte gibt und rolle über den glatten Asphalt eigentlich durch ähnliche Landschaft wie gestern, aber auf einer Hauptstraße ist das ein komplett anderes Feeling.

Als ich mittags etwas esse, nähern sich Kinder mit Datteln und einer Flasche Wasser und wollen mir etwas geben. Ich lehne dankend ab – für heute bin ich versorgt.

Ich kreuze den Draa-Fluss, dann geht es den Berg hinauf und auf der anderen Seite lasse ich mich hinab nach Tagounite rollen.

Im Ort kehre ich im Garten eines sehr schönen Cafes ein, wo es grünt und blüht und die Vögel singen. Natürlich ist gleich schon wieder ein Typ bei mir und will mir eine Kameltour verkaufen. Ich lehne ab, hätte das vor 2 Jahren schon gemacht. Er will wissen, mit wem und tatsächlich kennt er den Mann, der uns damals die Tour verkauft hat und auch unseren Kamelführer. Ich sage, er hätte uns um das letzte Abendessen betrogen und er entgegnet, das sei eben Business. Damit scheine ich bei ihm ein klares Statement abgegeben zu haben, denn er gibt auf für heute und ich habe meine Ruhe ...

Als die Schatten schon lang werden, mache ich mich auf den restlichen Weg nach Mhamid. Ich erinnere mich an den Anstieg, dann sehe ich den Abzweig, wo Abdullah uns damals auf der Piste zu dem Nomadenlager lotste. Ich setze meinen Weg geradeaus fort.

Bald bin ich wieder in einer Oase, die so ähnlich aussieht wie die in Rissani. Idyllische kleine Orte liegen darin und der Sand türmt sich zwischen den Häusern bis zu einem halben Meter.

Schließlich erreiche ich das Ortszentrum und lasse mich wieder überreden in so einem Namadenzelt zu schlafen, dass aber mehr Zimmer als Zelt ist. Als ich schon zugesagt habe, bemerke ich die Ameisenstraßen in der Toilette und dass es ganz schön warm dort drin ist.

Das Restaurant des Platzes jedoch ist sehr zünftig gestaltet und ich bin der einzige, der heute Abend dort ißt.

Als ich später sage, dass ich morgen zu den Dünen von Chegaga wolle, bleibt den Besitzern der Mund offennstehen. „Nein, da ist so viel Sand“, meinen sie. Das sei unmöglich mit dem Rad. Und „ich kenne einen Touristen, der wäre fast gestorben an den Dünen“. Ich sage nur „Kommt man mit dem Auto dorthin?“ Sie sagen „Ja, das sei möglich“. „Dann ist es auch mit Rad möglich“ entgegne ich, auf ungläubige Mienen blickend.


Donnerstag, 13.3.


Nun ja, es heißt nicht, es sei einfach und vor dem Triumph hat Gott den Schweiß gesetzt, so ist das meistens.

Kaum habe ich den Ort hinter mir gelassen, fängt auch schon der Sand an. 10 Kilometer durch die Dünen schieben, nur hin und wieder kann ich mal eine Kurve abkürzen.

Dann lasse ich das Sandfeld allmählich hinter mir. Über eine vegetationslose Felswüste rolle ich recht mühsam dahin –aber ich fahre!

Am frühen Nachmittag sehe ich vor mir einen Brunnen auftauchen, juhuu, jetzt kann ich mir Tee kochen!

Ich bin ein echter Wüstensohn, denn den Tee muss ich nicht mal desinfizieren, den trinke ich gleich mit viel Zucker!

Die restliche Fahrt führt immer wieder über Hügel und vor mir kommen die Dünen von Chegaga in Sicht. Aber wie weit wird es noch sein?

In einem schönen Dünenfeld schlage ich mein Zelt auf und als es dunkel geworden ist, sehe ich gar nicht weit Lichter und links davon wieder Lichter – es müssen die Camps an der Düne von Chegaga sein. Mir ist’s egal, ich habe mir heute Abend Reis mit Tunfisch gekocht, das ist meine Biwakmahlzeit.


Freitag, 14.3.

Am Morgen liegen die Dünen friedlich im Sonnenaufgang da – heute Nacht habe ich kaum den Schlafsack gebraucht und nun ist es schon so etwas von angenehm, es scheint von Tag zu Tag wärmer zu werden.

Schwup di wup stehe ich an dem Camp – kaum 4 Kilometer von meinem Nachtlager weg. Einige Gebäude und ein Zeltlager im Kreis sehe ich dort. 2 junge Motorradfahrer staunen über mich: sie hätten nie geglaubt, dass es ein Radfahrer bis hierher schafft. Sie kommen aus Frankreich und machen hier eine Rundreise.  Sie fotografieren mich.

Die Gastgeber des Lagers bieten mir gleich einen Tee an und lassen mich duschen, wenn auch ein wenig überteuert.

Ich habe es per Rad bis zu den Dünen von Chegaga geschafft. Wer sagt das sei unmöglich???


Ich habe es per Rad bis zu den Dünen von Chegaga geschafft. Wer sagt das sei unmöglich???
 

Da es heute heiß werden wird, breche ich zeitig auf, bevor man mich überreden kann, die Nacht hier zu verbringen. Es ist eine Menge Treibsand in der Luft und ich will nicht in einen der gefürchteten Sandstürme kommen.

2 Stunden schon schiebe ich durch die Dünen, Kurs West, ich muss doch auf der Piste an den Bergen herauskommen, dort wo es keinen Sand mehr gibt, doch warum bin ich immer noch in den Dünen?

Da sehe ich vor mir einen Mann unter einer Palme liegen, ein Dromedarhirte. Er scheint Siesta zu machen. Als er mich hört setzt er sich auf. Er zeigt mir eine Skizze, zeigend, nach rechts sind es 4 Kilometer durch die Dünen, wenn ich den Weg weitergehe, noch knapp 10 Kilometer. Bei der Mittagshitze überlege ich nicht lange, und er hilft mir sogar noch aus diesen Dünen herauszuschieben nach rechts ab. Nach einer Stunde stehen wir wieder in den Steinen, in der Ferne fahren Geländewagen über die berüchtigte Piste. Gott sei Dank. Zur Belohnung gebe ich meinem Retter ein gutes Trinkgeld und lasse ihn aus meiner Flasche trinken.

Nun habe ich ja meine Wüstenabenteuer gehabt und es ist noch nicht zuende.

Der Nachmittag ist irre heiß und Pause machen kann man gar nicht, die Fliegen machen einen wahnsinnig.

Zudem habe ich nicht mehr viel Wasser, dabei habe ich doch 6 Liter heute morgen gehabt. Aber das Schieben durch die Dünen hat mir den Schweiß aus den Poren getrieben. Gott sei Dank reichen mir Holländer in einem Geländewagen noch eine Flasche.

Dennoch: als ich am Nachmittag das erste Haus sehe, habe ich das Gefühl, ich kann keinen Meter mehr fahren. Ich bekomme eine Tasse Wasser und kann mich bei den Leuten reinsetzen. Hier ist es schön schattig, herrlich! Wie kann es heute auch so heiß sein? Darauf bin ich nun wirklich nicht eingestellt.

Aber nach anderthalb Stunden bin ich wieder gut erholt. Knapp 10 Kilometer sind es noch bis in den Ort Sidi Abdullah-en-Nebi. Ich kenne ihn ja noch von vor 2 Jahren. Es ist ein Nomadendorf. Als sich dort eintreffe, höre ich sogar, dass es dort einen Campingplatz gibt. Und so werde ich heute Abend wieder bekocht und werde wieder unter einem Berberzelt schlafen.

Samstag, 15.3.
 

Der Ort strahlt noch einmal die Ruhe aus, die ich diese und die letzte Woche in der Wüste so genossen habe: die Oase liegt direkt gegenüber über die Piste. Jetzt heute morgen wird der Diesel für die Wasserpumpe angeworfen, dann wird er 1 oder2 Stunden laufen, um frisches Wasser zu den Pflanzen zu bringen. Wasser ist Leben hier.

Die Etappe beginnt mit der Fahrt über einen ausgetrockneten Salzsee, den Lac Irirki. Doch selbst hier gibt es mehr Sand als vor 2 Jahren, jedenfalls habe ich den Eindruck. Dann sehe ich den Militärposten auftauchen, auch diesmal stapft ein Militär in Uniform heraus, aber diesmal bekomme ich keine Einladung auf einen Tee oder was immer. Ob der Tourismus in 2 Jahren soviel zugenommen hat, oder ob er keine Lust auf Touris mehr hat?

Diesmal nehme ich die Piste durch den See, aber die ist fast genauso anstrengend wir die am Berg entlang. Zudem weht immer stärker ein Gegenwind und es bewölkt sich zum Mittag auch immer mehr. Ob es regnen wird? Mir soll’s egal sein, zumindest ist es kühler als gestern und ohne Sonne recht gut auszuhalten.

Der Gegenwind verlangt echte Kondition von mir – diesmal bleibt mir wirklich nichts erspart und vor 2 Jahren war ich doch so schnell? Nun, da war ich auch ausgeruht nach den 3 Tagen Trekking, den ersten bzw. zweiten Tag wieder im Sattel. Jetzt habe ich schon lange keine ganztägige Pause gemacht, zuletzt in Agoudal, na ja, dafür gab es Tage, wo ich weniger gefahren bin.

Dennoch bin ich froh, als am Nachmittag in der Ferne Foum Zguid auftaucht und noch froher, als ich wieder Asphalt unter den Füßen habe. Das war doch heftig jetzt zum Schluß von Mhamid, aber irgendwie war mein Akku auch leer.

Ich richte mich auf dem Zeltplatz ein und koche mir im letzten Sonnenschein noch einen Tee. In den kleinen Kiosks werden überall leckere Törtchen verkauft, die die Einheimischen gerne verputzen. Also habe ich auch gleich zugegriffen.

Am Abend gehe ich noch sehr gut essen am Dorfplatz und beobachte das „Dorfleben“.
 

Sonntag, 16.3.

Eigentlich sehnen sich meine Beine besonders nach der schweren Etappe gestern gegen den Wind nach einer Pause. Aber die Zeit habe ich gar nicht mehr – Donnertag Abend will ich schon wieder in Marrakesch sein.

So bleibt mir nur, heute langsam zu fahren, den Tag zu genießen und einfach mal zu schauen. Die Etappe wird sich dazu ganz vorzüglich eignen: ich fahre das Tal hinauf in Richtung Tazenakht und die Landschaft ist wirklich sehr schön, abgesehen davon habe ich Asphalt unter den Reifen.

Auch wenn die Berge des Antiatlas eigentlich genauso kahl sind wie die letzten Tage und Wochen – die Flussoasen, durch die ich fahre, sind wunderschön.

Die Paprikawurst beim Picknick, die ich in Foum Zguid erstanden habe, ist ganz vorzüglich und ich lasse sogar die Bewohner davon probieren.

Die Orte sind auf ihre Art typisch, wie ich es auch von vor 2 Jahren aus dem Antiatlas kenne, und Verkehr habe ich auch nicht viel.

Mittags mache ich Siesta unter Palmen – das muss dann reichen als Relaxen von den harten Wüstenetappen. Einmal pumpe ich wieder den Kindern ihre platten Fahrradreifen auf und komme noch öfters mit welchen ins Gespräch.

 Landschaft im Antiatlas

Landschaft im Antiatlas
 

Am Nachmittag steige ich an einem Haus ab, um nach Wasser zu fragen – und werde prompt zum Tee eingeladen. Das Haus mit großem Innenhof und Viehstall wird ausnahmslos von Frauen bewohnt. Ihr Bruder arbeite in Ourarazate, erfahre ich.

Dann stellt man mir auch noch Brot mit Olivenöl zum Tunken hin – ich merke schon, dass ich heute nicht mehr auf’s Rad komme. Ich schaue den beiden Frauen beim Weben zu, die eine scheint stumm zu sein, aber sie ist emsig dabei, einen Teppich zu weben.

Am Abend zeigen mir die Frauen ein Video von einer Hochzeit und eine weitere Frau, die wohl kurz zu Besuch ist und in der Nachbarschaft wohnt, meint, sie feiere im August Hochzeit, da würde sie mich einladen.

Das Video zeigt Braut und Bräutigam auf der großen Feier, auf der es afrikanische Musik gibt und Mandolinen spielen.

Als ich schon ins Bett gehen will, gibt es noch eine großen Couscous, da habe ich gar nicht mehr mit gerechnet, aber dennoch esse ich mit Appetit.



Montag, 17.3.

Nachdem ich mit den Frauen gefrühstückt habe, breche ich auf und setze meine Fahrt auf dem hochebenenartigen Plateau fort. Nachdem ich den Paß erklommen habe, sehe ich vor mir Tazenahkt auftauchen. Es ist ein Ort, in dem viele Tücher und Teppiche verkauft werden, ansonsten gibt es nicht viel zu sehen, dafür verdammt viel Wind.

Die Temperaturen sind auf sehr erträgliche Grade zurückgegangen und manchmal sieht man auch einen Bach, wo ich vor Tagen nur ausgetrocknete Flussbetten gesehen habe. An einem verbringe ich ein idyllisches Picknick.

Nachdem ich am Nachmittag noch einen Paß erklommen habe, senkt sich die Straße nur noch, und in der Ferne tauchen wieder die verschneiten Bergriesen des Hohen Atlas auf.

Vor mir liegen wunderschöne Oasen vor braunen Bergzinken, ich mache wieder ein paar Fotos, unzählige habe ich in den letzten Wochen gemacht, um die kontrastreichen Eindrücke festzuhalten.

Am Abend erreiche ich den Ort Tikirt vor Ourazazate, es ist der Ort, in dem Jan und ich vor 2 Jahren eine Nacht auf dem Campingplatz verbracht haben. Diesmal fahre ich wieder auf den Platz.

Der Gastgeber lädt mich auch diesmal wieder zum Tee ein und erkennst mich tatsächlich wieder!

Am Abend esse ich im selben Restaurant wie vor 2 Jahren einen Tajine. Mit 25 Dirham ist er der wohl günstigste auf der Tour.
 

Dienstag, 18.3.

Ich habe mich entschlossen, noch einmal die Piste von hier nach Telouet zu fahren. Und diesmal werde ich den großen Ksar Ait Benhadou besichtigen.

So lasse ich mein Rad an dem Fluss stehen, um mir dieses Dorf aus sage und schreibe 7 Kasbahs anzusehen. Allerdings merke ich schnell, dass der Touristennepp nicht weit ist. Das fängt schon am Eingangstor an: meine 20 Dirham will man mir nicht wechseln, die verbleibenden 10 Dirham würde man mir am Ausgang geben. Wohl in der Hoffnung, ich vergesse das. Aber weit gefehlt! Schon aus Prinzip hole ich mir das Geld! Dann stehe ich plötzlich in einem bewohnten Haus: natürlich hat der Anwohner nichts gegen meine Besichtigung, kostet aber 10 Dirham!

Storchennest im Weltkulturerbe Ait Benhadou


Storchennest im Weltkulturerbe Ait Benhadou
 

Aber ansonsten ist es doch sehr eindrucksvoll, wurde ja auch nicht umsonst als Weltkulturerbe der Unesco aufgenommen, ein voll erhaltenes Ksar, also ein Lehmdorf und der Blick von der oberen Burg ist einfach fantastisch! Er reicht bis zum Hohen Atlas.

Dennoch sind mir die authentischen Lehmhäuser lieber, dort sind weniger Touristen. Deshalb fahre ich bald weiter und verbringe das Mittagspicknick wieder neben einem Palmenhain mit Blick auf urtümliche Lehmhäuser.

Am Nachmittag treffe ich genau an einer Furt eine Familie mit 2 Kindern (so im jugendlichen Alter) die schon über den Tischka gefahren sind und über das Draa-Tal nach Agadir wollen. Wir stapfen barfuß durch das Wasser und bei dem warmen sonnigen Wetter tut das richtig gut, im kalten Wasser zu stehen.

Ein paar Kilometer weiter lädt mich eine Frau auf einen Tee ein. Im Haus gibt es Olivenöl, Honig und frisches Brot. Da kann ich wirklich nicht nein sagen. Und man will mich überreden, die Nacht hier zu verbringen. Ich überlege, und denke, wenn ich mich nochmal ein wenig ausruhe, bin ich morgen fit, um über den Tischka zu fahren, niemand treibt mich. Aber dann nehme ich noch eine Flasche Olivenöl und ein Glas Honig für zuhause mit. Ich handele mit der Frau einen Pauschalpreis für Übernachtung mit Essen, Olivenöl und Honig aus.

Später erfahre ich, dass die Familie 10 Kinder hat. Es klingt auch manchmal, als wenn ich mich in einem Kindergarten befinde, aber es ist schon erstaunlich, wie normal so eine Zahl Kinder in einer Familie ist. Bei uns wäre das schon außergewöhnlich.

Außergewöhnlich jedoch ist schon die Lage des Hauses: wenn man aus der Haustür blickt, sieht man direkt vor eine steil aufragende Felswand. Da am späten Nachmittag das Licht so schön wird, gehe ich noch ein wenig wandern. Ein Stück begleitet mich eines der Kinder, bleibt dann aber am Haus zurück. Von einer Erhebung kann ich weit in die Berge und in die Schlucht blicken.

Immer wieder öffnen sich Türen und man lernt freundliche Menschen kennen!

Immer wieder öffnen sich Türen und man lernt freundliche Menschen kennen!
 

Mittwoch, 19.3.

Heute wird nochmal ein anstrengender Tag. Auf der Piste fahre ich langsam auf den Paß zu. Spanische Urlauber mit Geländewagen überholen mich. Die steile Auffahrt kann ich größtenteils nur schieben. Egal, dann genieße ich die Landschaft eben noch mehr.

Dann geht es weiter fast eben und vor mir tauchen weitere kleine Orte auf.

Mittags habe ich die Asphaltstraße wieder erreicht und ich picknicke mit Blick auf die hohen Berge. Immerhin ist es ja hier geschützt, was man auf de Hochebene um Telouet nicht sagen kann!

Es geht ein kühler Wind, der manchmal Sturmstärke erreicht. Was ein Temperaturunterschied zu Freitag!

Ich nehme den Anstieg in Richtung Col du Tischka, jetzt hat sich die Vegetation auch völlig gewandelt, man merkt, dass es hier wesentlich feuchter ist als in den Regionen, in denen ich die letzten Wochen war und auch die dicken Wolken zeigen die Paßhöhe an.

Dann biege ich auf die Hauptstraße ab. Der Paß ist jetzt zum Greifen nah. Am späten Nachmittag erreiche ich die Paßhöhe und kehre noch ein, obwohl mir eigentlich kalt ist und ich gleich abfahren möchte. Doch drinnen gelingt es mir, mich ein wenig aufzuwärmen. Ab jetzt geht es nur noch runter bis Taddert, was heute Etappenziel ist und morgen wird es nur noch eine leichte Etappe bis Marrakesch.

Die Abfahrt ist zwar kalt, macht aber dennoch Spaß und ich tauche ein in eine Region, in der wieder hohe Nadelbäume wachsen, so welche habe ich wochenlang nicht gesehen!

In Taddert werde ich von einer „Association“ aufgenommen, das Ganze ist so eine Art Gite d’Etape und ich treffe dort Karin, die erste alleinreisende Frau, die ich in Marokko treffe. Sie kommt auch aus Deutschland.

Sie ist am Abend mit einem Marokkaner verabredet und in einem Lokal treffen wir uns wieder. Sie hat auch schon die Wüste besucht und ist mit dem Bus unterwegs. Ihr Hobby ist filmen, und so kommen wir noch ins Gespräch, denn ich zeige ihr meine auf meiner Kamera gedrehten Videos.

Ich bestelle einen Tajine, der mir in Null komma nichts serviert wird. Das liegt daran, dass immer so 4 bis 5 Tajine-Töpfe auf der Glut schmoren: wenn ein Bus mit Touristen hält, bricht die Panik aus: die Gastronomiebetreiber preisen ihre Tajines an und versuchen so viel wie möglich loszuwerden. Für mich kommt das jetzt hektisch nach der „Provinzidylle“ vor.



Donnerstag, 20.3.

Am Morgen regnet es – das ist tatsächlich das erste Mal seit meinem ersten Tag hier in Marokko, das ich Regen erlebe, zwischendurch habe ich ja kaum einen Tropfen gesehen.

Nachdem ich mit Karin gefrühstückt habe, mache ich mich für die Weiterfahrt fertig. Wie ungewohnt, heute morgen Regenklamotten anzulegen. Aber kaum bin ich einige Kilometer gefahren, bestätigt sich mein Verdacht – der Himmel reißt auf und es ist wesentlich freundlicher. Das war wohl der Nebel, der da oben in Taddert näßte.

Nun geht es eine längere Gegensteigung hinauf und als ich oben bin, erkenne ich sehr genau das Dorf wieder, in dem ich vor 2 Jahren so freundlich von der „fernsehsüchtigen“ Familie aufgenommen wurde.

Nun geht es bergab und es wird langsam wieder sehr angenehm warm, sodass ich am Mittag wieder einige Kleidung ablegen kann.

Am Nachmittag wird der Verkehr noch stärker als sowieso schon heute – immerhin ist der Tag vor dem Feiertag der Muslime, es ist quasi das Neujahrsfest und viele Bewohner aus Marrakesch und Umgebung nutzen das verlängerte Wochenende um nach Hause auf’s Land zu ihren Familien zu fahren, dementsprechend viel Verkehr ist heute.

Nun nähere ich mich dem Einzugsgebiet von Marrakesch – man merkt das auch an den Häusern und am Fahrstil der Autos, der riskanter und mehr vom Hupen charakterisiert ist.

Am späten Nachmittag komme ich dann in Marrakesch an und quartiere mich in das Hotel „La Gazelle“ ein, das leider nicht so ruhig wie das CTM aber genauso günstig ist. Meine Tour von Marokko in diesem Jahr ist damit fast schon wieder zuende – bleibt noch ein Tag in Marrakesch.
 

Freitag, 21.3.

Der letzte Tag heute beginnt mit einem üppigen Frühstück im Hotel Ali. Danach geht es in den Souk: ich möchte Gewürze und ein Kuhfell für Katja kaufen.

Als hätte er’s geahnt, hat mich gleich schon so ein Händler an der Angel und führt mich zu einem Geschäft, das allerhand Lederwaren verkauft.

Ich sage aber, dass mich nur Kuhfelle interessieren und so rollt man mir mehrere Stücke aus.

Als mir eins gefällt, kommt der schwierigste Part: das geduldige Handeln. Ich nenne mal einen unverschämt niedrigen Preis – hoch handelt der mich so und so. Schließlich einigen wir uns ziemlich genau in der Mitte zwischen seinem und meinem Preis und man fährt mich auf einem Mofa zu meinem Hotel – das Gerberviertel zeigt man mir inklusive. Zwischendurch habe ich auch noch einige Gewürze in einer Apotheke erstanden, genauso wie eine Handcreme. Puh! Geschafft. Ich ruhe mich aus in meinem Zimmer vom anstrengenden Geschäftetreiben.

Im Gerberviertel von Marrakesch


Im Gerberviertel von Marrakesch
 

Am Nachmittag schaue ich mir noch den Königspalast an und flaniere durch die Agdalgärten – ich bin erstaunt, wie viele Olivenhaine es hier um die Stadt herum gibt.

Den letzten Tag beschließe ich mit einem Abendessen im Souk.



Samstag, 22.3.
 

Eigentlich wollt ich ja heute morgen noch den Menaragärten einen Besuch abstatten – sie sind ja direkt auf dem Weg zum Flughafen gelegen, aber leider komme ich mit meinem Rad nicht hinein. Das Rad mit Gepäck draußen zu lassen, ist mir zu riskant.

So verbringe ich die letzte Stunde in Marokko mit Sonnen vor dem Flughafenterminal.

Mein Rückflug geht wieder über Zürich und ich erblicke von oben einigen Schnee auf den Bergen, genauso wie zuhause in Deutschland ist es verdammt kalt.

Von meinem Gepäck sind 2 Stücke nicht angekommen, genau die Gepäckrolle mit der Kuhhaut ist nicht angekommen, ebenso die Tasche mit meinem Werkzeug und der Luftpumpe. Gott sei Dank ist das der Rückflug!

Das Gepäck kommt dann einen Tag später noch an. Ansonsten hat ja alles wieder super geklappt und ich bin auch gesund wieder nach Hause gekommen.

Was habe ich in den 4 Wochen alles erlebt! Ich habe mein Rad durch Schnee geschoben – und nur wenige Tage später durch Sand. Ich habe Kälte und Hitze nah beieinander erlebt. Und ich habe traumhafte Landschaften und herrliche Bauwerke erlebt. Marokko ist wirklich ein atemberaubend schönes Reiseland!

 

 
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