Volkers dritte Marokkoradreise
Sonntag, 4. Oktober 2009

Radtour Marokko 2009

Grobe Skizze der Route

 

1. Tag:                                    Samstag, 7.3.2009

Langsam rolle ich auf den Asphalt hinaus in die Dunkelheit. Wieder einmal hat mich Marokko wieder, nach meinem Beginn der Radtour heute 60 Kilometer den Rhein entlang, von Düsseldorf-Benrath bis zum Köln-Bonner Flughafen. War gar nicht kalt, fast die Temperatur von hier um kurz vor Neun Uhr abends, kurz nach meiner Landung in Tanger.
Mein einziges Problem heute: erst mal eine Unterkunft finden, in der Dunkelheit wohl schwieriger als im Hellen, doch, man glaubt es kaum, die Straßen haben alle Laternen an den Rändern, das habe ich sogar aus dem Flugzeug kurz vor der Landung gesehen. Ich biege links ab in eine Nebenstraße, vielleicht kann man da ja noch irgendwo das Zelt aufbauen?! Doch in der nächsten Siedlung begrabe ich meine Vorstellungen wieder. Zu groß, zu dicht hier die Bebauung, statt dessen frage ich, wo denn das nächste Hotel ist. „Immer die Straße weiter, noch 3 Kilometer“, sagt man mir. Im Ortskern ist richtig viel los um die Zeit, Fußgänger, Autos, alle Geschäfte offen, typisch südländisch eben. Ich fahre weiter, will lieber ein Bett finden. Die 3 Kilometer sind längst vorbei, auch wenn mir jetzt Betriebsamkeit lieber ist als gähnende Ruhe, wo gibt es hier eine Unterkunft?! Ich frage, ein Mann beschreibt mir den Weg zu einem Hotel, sagt, ich solle ein Taxi dorthin nehmen. Witzbold, hat der nicht gesehen, dass ich mit dem Rad unterwegs bin? Als ich dies entgegne, meint er, er wolle mich in einem Taxi begleiten, um mir den Weg zu zeigen, Mir wird es zu bunt, fahre ab. Später höre ich ein Ruf aus einem Auto – es ist der Mann in einem Taxi. Ich fahre unbeirrt weiter. Kilometerweit nur Bauruinen, Bauruinen, Bauruinen – die ganze Stadt scheint im Rohbau zu stehen.
Langsam muss ich doch in der City sein – ich komme an einer Kreuzung an, biege links ab, frage nochmal nach Unterkunft, fahre weiter. Alles nur moderne Wohnblöcke. Dann erreiche ich eine Kreuzung, an der mindestens 6 Straßen zusammenlaufen – und erblicke linker Hand eine Leuchtreklame „Hotel“. Na Gott sei Dank.
Das Zimmer ist ganz ok, der Preis hält sich sehr im Rahmen, also habe ich es doch noch geschafft heute. Selbst für mein Rad gibt es einen Unterstellplatz. Frühstück bekomme ich zwar nicht im Hotel, dafür gibt es ein Cafe gegenüber, in dem ich nach Auskunft des Mannes an der Rezeption morgen frühstücken kann.

2. Tag:                                                       Sonntag, 8.3.2009

Am Morgen werde ich durch Hahnkrähen geweckt – das hätte ich hier nun gar nicht erwartet! Die Leute müssen sich wohl die Tiere in den Wohnungen halten – immerhin gibt es hier nur Betonhäuser mit 3 bis 4 Etagen, eine grüne Wiese habe ich weit und breit nicht gesehen.
Der Blick aus dem Fenster – immerhin der erste im Hellen seit ich in Marokko gelandet bin – ist ermutigend: die Sonne scheint und alles erscheint recht einladend zum Losfahren. Erst mal werde ich jedoch frühstücken. Das Café auf der anderen Straßenseite entpuppt sich als recht schön eingerichtet, neben mir sind unter den Gästen wohl nur Einheimische. Warum sollte sich auch ein Tourist (außer mir) hierhin verirren? Ich trinke Milchkaffee, das Fernsehen im Raum bringt eine interessante Tiersendung auf Französisch.
Ich lade mein Rad auf, breche auf, immerhin habe ich die Nacht gut verbracht. Nun beginnt meine Radtour 2009 richtig! Von der Medina ist leider nur wenig übrig, bis auf ein paar alte Häuser alles modern und alle Häuser weiß getüncht, eben ein Spiegelbild Analusiens. Unten sehe ich schon den Hafen, die großen Schiffe und die lange Strandpromenade mit den riesigen Hotelkomplexen. Am Strand spielen Kinder und Jugendliche Fußball und in der Ferne sieht man bereits das Festland von Spanien. Ob die Kinder hier besonders motiviert sind, mit dem Blick auf Europa einmal dort als großer Fußballer bei einem der angesagten Mannschaften Spaniens oder Portugals zu spielen? Viele Marrokaner jedenfalls sind Fan von Benfica Lissabon oder Real Madrid, das weiß ich von vergangenen Touren. Mich zieht es dagegen die lange Strandpromenade entlang, die gesäumt von riesigen Hotelkomplexen ist, alles sieht den Promenaden von Rivierastädten wie Nizza oder Genua sehr ähnlich. Dafür finde ich mich hier sehr gut zu Recht – immer am Meer entlang. So gelange ich schnell aus der Stadt – und ziehe langsam den Berg hinauf. Ab hier beginnt ein schöner Wald, ich atme auf, denn jetzt beginnt die Idylle. Bei dem freundlichen Tag ein Genuß weit oben entlangzufahren und auf das tiefblaue Meer hinabzublicken, die Küste erstrahlt in üppigem Grün und die knallgelb blühenden Ginsterbüsche sind wahrlich eine Augenweide. Vor allem ist es nicht zu warm. So macht auch das viele auf und ab Spaß. Vor mir blicke ich direkt auf die Meerenge von Gibraltar – denke wieder an die Geschichte von „Das Boot“, das U-Boot, das hier in 280 Metern auf Grund lief und die Besatzung es dennoch mit schier übermenschlicher Anstrengung schaffte, es wieder an die Wasseroberfläche zu bringen.
Mit eher menschlicher Anstrengung erreiche ich am Mittag den Ort Ksar el Seghir, wo ich am Strand eine Mittagspause einlege und die großen Tanker beobachte, die vom Atlantik ins Mittelmeer und umgekehrt fahren. Drüben sehe ich recht nah die spanische Küste und damit wohl den südlichsten Punkt Europas.


Blick über die Meerenge von Gibraltar nach Südspanien

Am Nachmittag geht es von der Küste weg ins Hinterland und ich kann nun bei dem langen Aufstieg ein schönes Bergpanorama des Rifgebirges genießen. Die Strecke ist recht ruhig und erst als ich auf die Hauptstraße nach Tetouan komme, ist es mit der Idylle vorbei: jetzt donnern ständig Wohnmobile ganz gefährlich dicht an mir vorbei, sodass ich auf dem Gehweg fahren muss. So bin ich froh, als ich die City erreiche: die sehr moderne Innenstadt ist heute für den Verkehr gesperrt. Ich quartiere mich in einem Hotel ein und bekomme dort den Tip, in einem Fischrestaurant in der Nähe essen zu gehen. Dem folge ich auch und werde nicht enttäuscht: der Fisch ist sehr frisch und schmeckt super.



Im nördlichen Rifgebirge



3.Tag:                                  Montag, 9.3.2009

Am Morgen nehme ich die Route von Tetouan an der Mittelmeerküste entlang nach Oued Laou. Das Wetter hält sich eher bedeckt und ich bin froh, als ich endlich die letzten Industriekomplexe von Tetouan hinter mir gelassen habe. Eine sehr moderne Stadt, die nun gar nichts mit den antiken Südstädten Marokkos gemein hat. Vor allem der Verkehr ist sehr stark und die Gebäude erinnern eher an eine südeuropäische Stadt.  Die Spanier haben sie in der Historie sehr stark geprägt.
Aber bald bin ich wieder auf dem Land – kleine Fischerdörfchen werden passiert, links von mir blicke ich auf das Mittelmeer. Heute bei dem Wetter erscheint das Wasser längst nicht so einladend, nichts von dem Blau von gestern ist zu sehen. Vor der Küste sehe ich etliche Fischerboote, die auf Fang nach dem guten Fisch gehen, der direkt an der Straße verkauft wird. Bei dem ständigen Auf und Ab sammle ich genug Appetit für ein schönes Fischessen am Mittag. So falle ich in ein ganz uriges Fischlokal ein und bekomme vom Fang des Tages serviert – das was ich nicht mag, reißen mir die Katzen unter dem Tisch förmlich aus der Hand.
Eigentlich wollte ich ja weiter an der Küste fahren um dann über Ketama im Rifgebirge meine Fahrt fortzusetzen. Doch die Etappe bisher war nicht außergewöhnlich schön von der Landschaft, wenn es auch wenig Verkehr hier gibt. So entschließe ich mich, ins Hinterland zu fahren Richtung Chefchaouen. Je weiter ich von der Küste abkomme, desto uriger wird es. Bald geht es recht steil den Berg hinauf und hinter einem Ort nieselt es leicht. Direkt über mir stoßen die Berge in die Wolken und die Weiterfahrt gestaltet sich eher feucht. Da sehe ich ein Schild: Hütte und ein Pfad hinauf. Aber es ist ja eigentlich noch recht früh. Ich setze meinen Weg fort. Hmm eigentlich wäre es gut, mir das Ganze mal anzuschauen. Ich fahre zurück und steige den Pfad hinauf. Oben steht ein älterer Mann mit schon weißem Bart. Er begrüßt mich und meint, ich könne natürlich hier übernachten. Er zeigt mir alles bis ins Detail. Da es ganz urig ist und das Wetter ja nicht so berauschend, entschließe ich mich, dort die Nacht zu verbringen. Es ist wirklich ein sehr schöner Ort direkt an einer Schlucht gelegen.
Es sind noch Jugendliche aus Casablanca dort, die ihren Urlaub verbringen. Wir unterhalten uns am Abend lange, während uns der „Wirt“ eine Suppe macht. Er hat 4 Katzen, die alle um die Hütte herumlaufen. Eigentlich wohnt er in Tanger und hat hier diese Hütte, auf der er manchmal Zeit verbringt.

4. Tag:                                     Dienstag, 10.3.2009

Am Morgen setze ich meine Fahrt den Berg hinauf fort. Der Hüttenwirt hat mir schließlich Mut gemacht: das Wetter in Chefchaouen werde sehr viel besser sein als hier. Außerdem sei es eine sehr schöne alte Stadt. Da ich ja bisher von schönen Altstädten nicht viel zu sehen bekommen habe, fahre ich  nun forsch bergan. Die Fahrt durch das Tal des Laou ist wunderschön – der Fluss und seine Seitenströme haben eine tiefe Schlucht gegraben, das Ganze ist touristisch wenig entdeckt. Oben erreiche ich eine Hochebene mit einem See, an dessen Staumauer Strom gewonnen wird.
Kurz vor Mittag bin ich dann in Chefchaouen. Die Stadt liegt ganz weit oben und schmiegt sich an steile Felswände. In den engen Gassen der Oberstadt sind die Häuser dunkelblau und weiß getüncht – wie eine andalusische Stadt. Dahinter wirken die Felswände noch pittoresker. Alles zusammen ergibt mit den Moscheen und Minaretten dazwischen eine spanisch orientalische Mischung. Unten gibt es sogar eine ganze Gasse an Andenkenläden – es scheinen doch eine ganze Menge Touristen herzukommen.


Gasse in Chefchaouen

Nach der Besichtigung gehe ich noch sehr gut essen, dann mache ich mich auf die Weiterfahrt. Der Himmel hat aufgerissen und die Sonne heizt die Luft auf – nach dem kühlen Tag gestern sehr angenehm. Es geht bergab. Mit dem vollen Bauch jetzt viel schöner als wenn ich weiter hinaufmüsste ... Nach einer kurzen Gegensteigung zweige ich ab auf die Nationalstraße nach Ouezzane. Die entpuppt sich als sehr abwechslungsreich und jetzt auf der  Südseite des Rifgebirges ist der Himmel wolkenlos und die Sicht klar. An den milden Südhängen wachsen Oliven, die in Gläsern am Straßenrand verkauft werden, genauso wie das leckere Öl, das in Kunststoffflaschen auf Käufer wartet.
Später am Nachmittag werden die Berge niedriger und ich erreiche eine lange Ebene. Nun komme ich gut voran. Ich werde wohl heute noch nach Ouezzane kommen, vielleicht gibt es dort einen Zeltplatz, bei dem Wetter bekomme ich Lust zu zelten.
Als ich dort ankomme, ist die Sonne schon untergegangen und ich folge einem Wegweiser zu einem Motel, an dem es auch Campingmöglichkeit zumindest für Wohnmobile gibt, vielleicht auch für Zelte? Dort angekommen, sagt man mir, zelten sei nicht möglich, aber ich könne ein Zimmer haben. Das lasse ich mir zeigen und bin überrascht: alles sehr sauber, alles eingerichtet wie in Europa. Und das für umgerechnet 20 €? Da überlege ich nicht lange.

5.Tag:                                 Mittwoch, 11.3.2009

Das Fenster ist klein in meinem Zimmer aber ich sehe klar, dass heute einmalig schönes Radwetter ist: die Vögel singen wie sie es bei uns im Mai tun. So sitze ich um kurz nach 9 Uhr wieder im Sattel. Vielleicht erreiche ich heute schon Moulay Idriss, die heilige Stadt?!
Die Landschaft ist jedenfalls nur leicht gewellt, dafür so grün, dass ich eher glaube, in England als in Marokko unterwegs zu sein. Es muss bis vor Kurzem sehr viel geregnet haben, so viele Felder, die ich mit einem See bedeckt gesehen habe. Selbst Felder, die normalerweise trocken und ausgedörrt von der Sonne sind was man an dem kargen Gras sieht, sind von saftigem frischen Grün überwuchert. Ein wohltuender Anblick. Einziger Wehrmutstropfen ist die vielbefahrene N13, auf der einige Schwerlaster unterwegs sind, die mich manchmal überholen. Ansonsten erlebe ich viel Landestypisches, Menschen, die mit Eseln zu den Wasserstellen ziehen, dort große Tanks auffüllen und mit den Eseln wieder in ihr Haus karren, oder Bauern, die ihre Felder mit Pferden pflügen.



Die Bewohner holen Wasser an solchen Wasserstellen


Mittags mache ich Pause an einer recht idyllischen Einkehr, wo ich schön im Schatten sitzen kann. Die Jugendlichen scheinen nur Spanisch zu sprechen als Fremdsprache, jedenfalls verstehen sie mein Französisch nicht, stattdessen entgegnen sie immer auf Spanisch, was ich wiederum nicht verstehe.
Hinter Beni Ammar auf der Route nach Fes zweige ich nach Moulay Idriss ab und zum ersten Mal bin ich heute auf einer ruhigen Route, die mich sehr an frühere Radstrecken in Südfrankreich erinnert: ich passiere riesige Olivenhaine links und rechts und die Dörfer liegen mitten darin an die Hänge geklebt. Jetzt in de Nachmittagssonne fange ich ebenso an zu schwitzen wie in Südfrankreich Ende August, dennoch, der eindrucksvollste Teil dieser Etappe.
Dann geht es wieder hinab und als ich die ersten Häuser erreiche, kommt ein junger Mann auf mich zu, der mir sagt, dass ich nun Moulay Idriss erreicht habe, die heilige Stadt Marokkos, in die die Landsleute pilgern, die sich eine Fahrt nach Mekka nicht leisten können. So können 7 Fahrten hierhin eine Fahrt nach Mekka ersetzen. Er könne mir eine sehr günstige Unterkunft in der Altstadt zeigen, nur 140 Dirham. So gehen wir zusammen durch die engen Gassen und bald treten wir durch eine Tür. In dem interessanten Haus gibt es ein grosses Treppenhaus und das Zimmer, das ich bekomme, liegt direkt im Erdgeschoss. Es hat große Flügeltüren und ist wahrlich im marokkanischen Stil.
Der Mann, der mich hierhergeführt hat, ist Fremdenführer wie er sagt und bietet mir an, mir die Altstadt zu zeigen. Ich sage zu und zusammen gehen wir ganz hinauf in den höchsten Teil, wo wir weit hinunterschauen können auf die vielen Dächer und die große Moschee, in der sich die Pilger zum Gebet versammeln. Es ist super eindrucksvoll, gerade jetzt rufen die Muezzine und in der Stadt gehen mit einsetzender Dunkelheit langsam die Lichter an.
Wir steigen wieder hinab, er zeigt mir Marokkos einziges Rundminarett, auf dem es Koranverse zu sehen gibt, dann besichtigen wir eine Olivenpresserei. Schon auf der Fahrt gestern und heute bin ich an etlichen vorbeigekommen, jetzt kann ich sogar mal etwas Olivenöl probieren.
Am Ende zeigt er mir die Innenstadt und den Eingang der großen Moschee. An einem Balken steht ein Schild, dass ab hier Nichtmuslime keinen Zutritt haben.
Ich gehe noch etwas essen, dann begleitet mich der Fremdenführer zurück zu meinem Quartier. Dies ist wirklich ein eindrucksvoller Ort!


Blick auf die heilige Stadt Moulay Idriss


6. Tag:                                Donnerstag, 12.3.2009

In der Nacht schlafe ich gut, da es in dem Haus sehr ruhig ist. Am Morgen bekomme ich ein gutes Frühstück vorgesetzt. Heute werde ich nur bis Meknes fahren, vorher aber noch der interessanten antiken römischen Stadt von Volubilis einen Besuch abstatten.
Erst einmal möchte ich mir nochmal den Ort am Morgen anschauen und mit dem anderen Licht noch einige Fotos machen, vor allem oben auf dem „Aussichtsbalkon“ wo ich gestern einen so eindrucksvollen Blick genießen konnte. Doch natürlich komme ich da nur mit einem Führer rauf und auch einreden, ich brauche niemanden, ich kenne den Weg, nutzt nichts. Der will natürlich verdienen. Danach schaue ich mir das runde Minarett noch einmal an. Am Ende kaufe ich eine Flasche Olivenöl, das man mir aus einem großen Fass in eine Mineralwasserflasche abfüllt.
Den Berg hinab wieder durch Olivenhaine geht es nach Volubilis. Es ist ebenfalls ein sehr eindrucksvoller Ort: eine gut erhaltene römische Stadt mit Grundmauern, Säulen, Stadttoren, und, besonders eindrucksvoll, vielen Mosaiken mit Motiven z.B von der Jagd nach Tieren. Bei dem tollen Wetter heute, keine Wolke am Himmel und nicht zu heiß, macht die Erkundung besonderen Spaß. Ich erinnere mich an den Besuch der antiken römischen Stätte in Tunesien vor 2 Jahren. Dies hier ist wesentlich eindrucksvoller. Auf den Säulen neben den Termen nisten die Störche. Es ist ein idealer Ort für ein Nest, hoch und nur von ihnen zu erklimmen. Und im Grün um diese antike Stätte entdecke ich freilaufende Schildkröten.



Die Mosaiken von Volubilis sind sehr eindrucksvoll

Die wunderschöne antike Stätte Volubilis

Vor Mittag breche ich wieder auf, sehe noch mal Moulay Idriss, diesmal von unten, auch aus dieser Perspektive ist dieser Ort sehr eindrucksvoll und fahre weiterhin durch sehr üppige südländische Natur. Olivenhaine wo man hinschaut, Agaven statt Zäune bilden hier die Grenzen zwischen den Parzellen. Nach Passieren eines Tales geht es steil bergauf, nun wird es recht warm und der Verkehr ist unerfreulich stark. Noch 8 km bis Meknes. Da ist auch schon die Vorstadt. Ich erreiche sie endgültig in der Siesta, deshalb ist der Verkehr gut auszuhalten. Erst mal geht es zum Bahnhof, wo ich frage, ob die Fahrt von Marrakesch nach Tanger mit dem Rad möglich ist. Nach langem Erklären und einem Telefonat des Bahnbediensteten soll es tatsächlich möglich sein, womit meiner Weiterfahrt nach in das „Paris des Südens“ nichts im Weg steht. Dort will ich in 8 Tagen, genauer am Freitag sein, um am Tag meines Rückfluges mit der Bahn wieder in Tanger anzukommen.
Nun fahre ich durch das Gewirr de Straßen auf den städtischen Zeltplatz. Dieser ist nicht gerade toll, aber zweckmäßig. So komme ich endlich zum Zelten, bisher war dazu ja keine Gelegenheit, bei den billigen und recht guten Unterkünften und mangels Zeltplätzen.
Die Fahrt zum Platz führt direkt am Königspalast vorbei, ein riesiges Bauwerk. Als ich mich auf dem Platz eingerichtet habe, gehe ich zurück in die Stadt. Ein Mann bietet mir an, mir für 20 Dirham die Stadt zu zeigen und spricht sogar Deutsch, da nehme ich sofort an. Wir gehen durch die Medina, enge Gassen, viele Moscheen und Minarette und doch ganz anders als Marrakesch. Hier ist das Metallhandwerk eine Spezialität, z.B. Armreifen und sonstiger Schmuck aus Metall. Auch Musikinstrumente werden hier gefertigt. Die Medina wird wie Marrakesch durch eine Stadtmauer begrenzt, in der es viele zum Teil sehr schöne Tore gibt. Das bekannteste ist das Bab el Mansour am Place el Hedim, der so ein wenig an den Place el Fnaa in Marrkesch erinnert. Dazwischen einige Souks, in denen mir die Geschäfte mit fein säuberlich gestapelten Oliven auffallen. Überall duftet es herrlich nach Oliven und Gewürzen.




Obst- und Olivenstand in der Medina

Vor allem ist diese Stadt aber durch Moulay Ismail geprägt, der zweite Sultan der Alaouiten-Dynastie, der von seinem Auftreten mit König Ludwig XIV vergleichbar ist. Er hat wohl genauso eine  gigantomanische Palastarchitektur geprägt wie der französische „Sonnenkönig“. Überall in der Stadt stößt man auf Reliquien, sei es am Mausoleum oder den großen Palästen. Überhaupt ist alles sehr großzügig gebaut mit großen Plätzen und langen Mauern.
Der „Fremdenführer“ zeigt mir noch ein Lokal, in dem ich heute Abend essen kann. Als ich fertig bin, ist es schon dunkel und ich nehme ein Taxi zurück zum Campingplatz.


Das Bab el Mansour ist das größte Stadttor Marokkos



7.Tag.                                 Freitag, 13.3.2009

Am Morgen fahre ich in die Stadt um zu frühstücken. Direkt am Bab el Mansour mache ich an einem Cafe halt. In dem größten Stadttor von Meknes stammen die Säulen übrigens aus Volubilis.
Nachdem ich mein Zelt abgebaut habe, verlasse ich die Stadt. Heute geht es hinauf nach Ifrane, einem Wintersportort. In El Hajeb, einem kleinen Ort dazwischen haben sich die Gläubigen zum Freitagsgebet auf dem Platz vor der Moschee zum Gebet versammelt. Bei dem Wetter heute hätte ich auch den luftigen Platz einem stickigen Raum vorgezogen, auch heute scheint die Sonne vom fast wolkenlosen Himmel. An einem einladenden Teesalon kehre ich ein, trinke Limo und suche mir Kuchen aus, ein Angebot, das man auch eher im Norden findet. Bisher habe ich ein wesentlich mehr europäisch geprägtes Marokko erlebt als bei meinen vorherigen Touren im Süden und auch die orientalische Handwerkskunst ist hier häufiger an den Häusern und Cafes zu finden. Deshalb bereue ich es wahrlich nicht, diesmal den Norden unter die Pedale zu nehmen. Mit dem Wetter konnte ich eigentlich kaum mehr Glück haben, wenn das die nächsten Tage hält, wenn ich in die Berge fahre, bin ich sehr zufrieden.
Ich setze meinen Weg fort. Es geht sehr moderat bergan, doch langsam wechselt die Landschaft: steiniger Boden und große Wälder bekomme ich zu sehen anstatt Olivenhaine vor und um Meknes. An den Bäumen ist kaum Laub zu sehen, und auch die Temperaturen sind viel niedriger. Fast könnte ich nach Deutschland zurückgekehrt sein, da werden die Bäume jetzt ebensowenig Laub haben und die Temperatur ähnlich sein.
Oben komme ich aus dem Wald und blicke in eine Heidelandschaft – verblüffend, da oben ist sogar ein Schneefeld zu sehen und schon erreiche ich Ifrane, das mich mit überdimensionierten vierspurigen Straßen empfängt. Ich scheine in einer fremden Welt angekommen zu sein, nichts ist marokkanisch und die futuristischen modernen Häuser am Ortseingang passen auch gar nicht zu Marokko, eher wohl zu Mitteleuropa, dazu ist alles sauber wie in unserem Land, Mülleimer, Bänke an den Straßen, irgendwie verrückt.
Hier werde ich wohl heute Nacht bleiben und man bietet mir eine Unterkunft an, in der es sogar eine Kochmöglichkeit gibt, was nicht schlecht ist, da ich Tütensuppe und Topf aber keinen Kocher auf dieser Tour dabeihabe. Das Merkwürdige hier ist, dass die Dusche über dem Stehklo montiert ist.



8.Tag:                                                  Samstag, 14.3.2009

Auch am Morgen wirken die vierspurigen Straßen durch den Ort wie ausgestorben. Hier muss es zur Hauptsaison im Januar und auch im Hochsommer supertouristisch zugehen. Jetzt verlieren sich die wenigen Einheimische in den Cafes. Aber selbst der König macht hier Urlaub und hat sich am Ortsausgang einen kleinen Palast gebaut.
Auf der Route nach Mischliffen werden die Schneefelder immer größer und als ich den Wintersportort erreiche, erblicke ich in der Tat Leute, die auf Schlitten und Skiern den Hang hinunterfahren. Links und rechts der Straße liegen dicke Schneehaufen, und der Ort ist von einem dichten Zedern- und Kiefernwald gesäumt, es ist ein Naturreservat in Marokko. Schön ist auch die nachfolgende leichte Abfahrt als sich der Wald öffnet und ich über die schneebedeckte Landschaft auf zugefrorene Seen blicke, was für ein Kontrast so eine Winterlandschaft nach der Frühlingsnatur die letzten Tage.


Winterlandschaft bei Mischliffen

Am Mittag erreiche ich Timadhite, wo ich zu einer kräftigen Tajine einkehre. Der wohl beste auf der ganzen Tour, denn der Hammel, dessen Fleisch ich verzehre, war wohl gerade noch auf der Weide, auf denen ich einige Herden gesehen habe, so frisch schmeckt das. Schafzucht ist hier wohl das Hauptgeschäft, denn ich sehe mehrere Pritschenwagen voll mit den Tieren durch den Ort fahren.


Dorf im Mittleren Atlas

Dennoch bin ich nach dem Essen nicht zu voll um den Anstieg zum Col du Zad zu nehmen, den mit gut 2100 Metern wohl höchsten Pass meiner Tour. Was sehr angenehm ist, dass es immer nur sehr leicht ansteigt, das ist ja schon seit Meknes so, deshalb merke ich die Höhenunterschiede gar nicht so sehr. Dennoch durchfahre ich eine sehr schöne Landschaft hier im Mittleren Atlas, vor allem die urigen Dörfer, auf dessen Hausdächern die Störche nisten, faszinieren mich. Am Nachmittag bin ich am Col du Zad und wieder erblicke ich Schneefelder, die Landschaft erinnert mich ein wenig an den Col du Galibier in Südfrankreich.


Am Col du Zad

Nun geht es bergab. Unten sehe ich wieder Höfe in karger Landschaft. Da spricht mich ein Schafhirte an und zeigt auf den naheliegenden Hof. Ich soll doch hineinkommen, die Leute wirken freundlich, sitzen in einem kargen Raum mit einem kleinen Ofen, nicht viel größer als ein Schuhkarton und einem dicken Rohr durch das Dach. Kinder junge Erwachsene und Alte leben hier zusammen, eine richtige Großfamilie. Nach einer gemeinsamen Teezeremonie schaue ich dem Mann noch ein wenig zu beim Pflanzen von Bäumen, er sagt, sie leben vor allem vom Obst, weniger vom Vieh, und Felder haben sie wohl nur für den Eigenbedarf.
Am Abend sitzen wir noch alle zusammen, essen ein gutes Mahl und unterhalten uns. Der Gastgeber ist sehr interessiert, welchen Beruf ich habe, wie man bei uns lebt etc. In der Nacht schlafe ich auf Decken.


Hier wohnen gastfreundliche Menschen ...



9.Tag:                                    Sonntag, 15.3.2009

Nachdem die Gastgeberfamilie mir noch ein Frühstück bereitet hat, verabschiede ich mich von ihnen und setze die Fahrt die Strecke hinab fort. Irgendwie beneide ich diese Leute – so bescheiden wie sie leben, sie scheinen irgendwie glücklicher und zufriedener zu sein als mancher meiner Landsleute, die so viel Luxus haben, der häufig Streß und Ärger macht. Autos brauchen sie nicht und die Kleidung erwerben sie meist über Tauschhandel.
In Zeida ist der Weg nach Marrakesch schon ausgeschildert – ich werde sicherlich noch einen Umweg fahren. Eigentlich wollte ich ja über Imilchil fahren, doch mein Gastgeber hat mir gesagt dass der Pistenzustand durch die Regenfälle im Februar sehr schlecht sei. Zudem kann ich unschwer sehen, dass im Hohen Atlas sehr viel Schnee liegt, weit mehr als letztes Jahr um die Zeit. Die Piste würde über den Tizi Taka führen und dann über das Plateau des Lacs (Hochebene der Seen) nach Imilchil führen. Ich entschließe mich am Abzweig, lieber die R503 Richtung El Kbab zu fahren. Die ganze Zeit habe ich das Gefühl, über eine Hochebene zu fahren: es geht fast eben und links in der Ferne kann ich fast ständig die majestätisch schneebedeckten Dreitausender des Hohen Atlas sehen.
Gegen Abend fahre ich die lange Abfahrt  hinunter in Richtung der Hauptstraße N8 nach Kasba Tadla und genieße es, nach den kargen Bergweiden wieder saftiges Grün links und rechts zu sehen. Auf einer sehr weitläufigen Wiese vor einem Bauernhof baue ich mein Zelt auf, nachdem ich die Erlaubnis der Bewohner eingeholt habe. Diese lassen sich dann aber nicht mehr blicken – nun ja, es soll mir wurscht sein, dann krieche ich eben früh in den Schlafsack. Ruhig ist es allemal und die laue Nacht spannt langsam ihr Sternenzelt über mir auf.


Campingfreuden bei Kasbah Tadla

10.Tag:                                Montag, 16.3.2009

Morgens ist wieder strahlender Sonnenschein und ich frühstücke vor meinem Zelt. Zwei reizende Hunde aus dem Haus, zu dem die Wiese gehört, leisten mir Gesellschaft. Irgendwie macht das ganze Anwesen einen recht wohlhabenden Eindruck – kein Vergleich zu der Gegend, in der ich gestern war.
Ich lade auf und fahre wieder los – stoße bald auf die Nationalstraße nach Kasbah Tadla. Die Gegend wirkt immer noch üppig grün und gebirgig – sie erinnert fast mehr an ein Alpenvorgebirge als an eine marokkanische Landschaft. Was ist Marokko doch für ein abwechslungsreiches Land!  Nun geht es wieder bergan. Schließlich muss ich ja die Höhenmeter bis heute Abend wieder hoch, die ich gestern am späten Nachmittag hinuntergefahren bin. Im nächsten Ort sehe ich ein Schild mit einem Pfeil und der Aufschrift „Dusche“. In de Tat stehe ich, als ich dem Schild nachfahre, vor einem Haus mit Duschkabinen. Perfekt! Für gerade einmal 8 Dirham komme ich zu einer erfrischenden Dusche, das hätte ich auf einem Zeltplatz nicht besser haben können! Und außerdem weiß ich nun, warum so wenig Marokkaner eine Dusche in ihrem Haus haben: sie waschen sich in so einer Gemeinschaftsdusche.
Ein Blick auf die Karte, ich bin ja an einer Hauptstraße – und werde den Hauptort Zaouia ziemlich genau am Mittag erreichen, damit wird es heute wieder Tajine geben, denn in jedem größeren Ort sollte es ein Lokal geben, dass die einladend dampfenden Hütchen am Mittag für hungrige Gäste bereithält!
Auf der Strecke dorthin hole ich mir den dafür nötigen Appetit: eine schöne Strecke durch Olivenhaine und Blumenfelder, ein wenig auf und  ab – was für ein Kontrast zu der Landschaft hinter Ifrane!
Ich erreiche Zaouia. Hier reiten Männer in Trachten auf Pferden, Gewehre in der Hand, das ist wohl Schützenfest auf marrokanisch! Ein paar Häuser weiter sehe ich die dampfenden Tajine-Hütchen und werde vom Kellner schon heran gewunken. Auf der Terrasse nehme ich Platz. Auch wenn die Sonne hier hinknallt – heute meint sie es ganz besonders gut – ist es ein super Platz, denn ich kann den Ort gut überblicken, direkt auf die Moschee schauen und den Tajines beim Garen zusehen. Jetzt am Mittag herrscht reger Betrieb auf der Straße, Autos fahren an und ab, Leute steigen aus, besorgen etwas, steigen ein und fahren weiter. Bei der Auswahl der Tajines kann ich mir einen aussuchen, nehme einen großen mit Hammel. Diese Größe ist wohl normal nur für mehrere Leute gedacht, aber bei meinem Appetit brauche ich jetzt die Portion.


Hier können hungrige Mägen verwöhnt werden

Nach dem Essen komme ich tatsächlich noch mit Rennradfahrern ins Gespräch. Ich nehme an, dass es Franzosen oder Belgier sind, mit dem typisch zünftigen Outfit, aber es sind Marrokaner, die hier Urlaub machen.
Ich verlasse den Ort, auf dem Rad ist die Temperatur durch den Fahrtwind viel angenehmer als eben beim Essen. Ich nehme den Abzweig nach El Ksiba. Ich kann nur ahnen, wie viele Höhenmeter mir jetzt bevorstehen ... wie gut, ein deftiges Mittagessen im Bauch zu haben, verwunderlich, dass ich mit der doch recht fetthaltigen Kost so gut fahren kann, aber Ernährungsempfehlungen hin und her, ich mache das so, wie ich am besten klarkomme! Die Auffahrt ist paßartig, erinnert wieder so ein wenig an Südfrankreich, schmale, ruhige Straße, Pinien links und rechts. El Kbab ist eine Sommerfrische für Marrokaner, es gibt Zeltplätze, Hotels und sogar ein Freibad, in dem sich die Kinder tummeln. Für mich geht es weiter bergan. Irgendwann, es ist schon viel kühler, geht es wieder runter. Hier gibt es sogar Trinkwasserbrunnen. Unten fahre ich durch ein kleines Dorf, kaufe noch eine Schokolade und verputze sie an einem Bach restlos Als ich mich wieder auf den Weg mache, werde ich von einem Bauer heran gewunken. Er macht ein Zeichen, dass er mir einen Tee machen will. Super! Nehme ich gerne an! Dazu gibt es – natürlich – Fladenbrot und Marmelade, lecker! Da es schon später Nachmittag ist, hoffe ich, dort die Nacht verbringen zu können, vor allem als die Sprache darauf kommt, wo ich denn heute Nacht schlafen werde. Der Bauer spricht leider kein Französisch, aber ich verstehe seine Gesten sehr gut. Er zeigt mir das Haus und den Stall, wo er einen Esel hat. Die Aussicht auf das Tal ist wirklich sehr schön. Auch wenn die Berge hier nicht so hoch sind wie im Hohen Atlas sind sie doch sehr ursprünglich und viel lieblicher als die wilden Dreitausender am Hauptkamm. Nun macht mir der Gastgeber ein Zeichen, dass ich aufbrechen soll. Schade, da wäre ich gerne bis morgen geblieben. Nun ja. Ich fahre weiter bergan, mit Zelten ist es hier so eine Sache, da es kaum ein ebenes Fleckchen Erde gibt, und wenn, liegt das auf dem Grundstück der Höfe. Schließlich frage ich an einem Haus nach einer Möglichkeit zum Zelten. Ein freundlicher junger Mann will mir erst einen Platz zeigen, dann sagt er auf Französisch, dass ich mit ins Haus kommen soll. Ich könne dort übernachten. Super! So sitze ich bald in dem kleinen Zimmer mit seinem Vater und seinem Großvater. Vor allem der Großvater ist sehr religiös und am Abend verrichten alle, auch die jungen, ihr Gebet. Mit dem Ausspruch “Allah et akhbar!“ „Gott ist mächtig!“ werde ich schon gleich begrüßt. Sie sind sehr gastfreundlich und abends gibt es noch eine gute Mahlzeit. Der Bruder des Mannes, der mich ins Haus begleitet hat, spricht sehr gut Französisch und sagt, er suche eine Arbeit, am liebsten würde er in Europa, möglichst in Deutschland arbeiten. Und wie immer bei den Einladungen, werden Adressen ausgetauscht.
Für die Nacht bekomme ich Decken und ich schlafe wie ein Murmeltier.

11. Tag:                                Dienstag, 17.3.2009

Morgens höre ich schon früh Geräusche meiner Gastgeber. Wie ich schon erwartet hatte, stehen sie früh auf. Mir soll’s recht sein! Es wird wohl ein warmer Tag werden, und einige Anstiege stehen mir bevor. Um halb sieben gibt es Frühstück, die Sonne beleuchtet schon die Berge, und wir tunken Fladenbrot in Olivenöl.
Dann verabschiede ich mich wieder und bedanke mich ganz herzlich bei meinen Gastgebern. Schon die ersten Kilometer sind herrlich idyllisch: ich fahre die schmale, ruhige Strecke direkt am Abhang lang, hinter dem reißenden Fluss liegen einsame abgelegen Höfe. Lange geht es die Anhöhe hinauf, wie gut, dass es noch so früh ist. Oben erblicke ich die tief verschneiten Dreitausender noch näher als die letzten Tage. Kaum habe ich angehalten, werde ich von den Bewohnern zu einem Tee eingeladen ... Die Ausstattung ihres Hauses ist nicht ganz so einfach wie dir meiner Gastgeber vorher, und irgendwie scheinen sie Verbindungen nach Spanien zu haben.


Der Mittlere Atlas birgt spektakuläre Landschaftseindrücke

Nach der Pause geht es erst mal hinab, unter mir kommt wieder ein Tal mit einem reißenden Strom in Sicht, der Ouidane. Unschwer ist zu erkennen, dass er jetzt Hochwasser führt, kein Wunder, wenn ich den vielen Schnee oben auf den hohen Bergen sehe und gleichzeitig spüre, wie mir die Sonne auf den Pelz brennt. Heute wird es zweifelsohne sehr warm werden. Die Strecke überquert den Fluss, dann geht es wieder hinauf, durchquert ein uriges Dorf und dann geht es lange bergauf. Aber wie es ja so oft ist: kaum gewinnt man an Höhe, wird man schon von neuen Panoramen belohnt, neuen Gipfeln, neuen Ausblicken ins Tal.


Schneebedeckte Berge im Hohen Atlas

Am Nachmittag habe ich mal die Möglichkeit, meine Füsse in dem kühlen Wasser eines Bergbaches zu baden. Was eine Wohltat! Ich will gar nicht mehr hinaus. Dann geht es wieder hoch. Schon jetzt die schwierigste Etappe auf der Tour! Irgendwann bin ich dann mal oben, genieße die lange Abfahrt und tief unten taucht die Barrage Bin El Oiidane, ein riesiger Stausee auf. Er liegt ganz im Dunst, dennoch, eine wunderschöne Szenerie!
Der Ort selbst wirkt von Weitem häßlich, da sehe ich ein Schild, zu einem Hotel noch 7 Kilometer geradeaus! Da fahre ich lieber weiter als in diesen Ort zu bleiben!
Das zieht sich noch am See entlang, ich glaube schon, daran vorbeigefahren zu sein, doch plötzlich taucht ein Hotel im typischen Kasbah-Stil auf. Die Zimmerpreise sind für marokkanische Verhältnisse ganz schön gesalzen, 600 Dirham mit Frühstück, aber als ich die Gelegenheit wittere, im See darunter noch ein kühles Bad nehmen zu können, willige ich dann ein.
So stapfe ich kurz drauf mit hoteleigenem Handtuch zum Ufer hinunter und werfe mich in die kühlen Fluten. Tut das gut nach der langen anstrengenden Tour bei der Wärme heute! Und keine Menschenseele hier!
Das Abendessen wird mir auf der Dachterrasse mit Blick auf den See serviert. Es handelt sich eigentlich um ein Hotel, das sich auf Gruppenreisen spezialisiert hat.
In der Nacht liegt mir das Essen schwerer im Bauch als das Fleisch der Tajines der vergangenen Tage, und wieder sieht man, Luxus bringt nicht unbedingt Vorteile!


12. Tag:                                Mittwoch, 18.3.2009

Wieder ein sonniger Tag heute. Ich werde heute zu den Kaskaden von Ouzoud aufbrechen die als eine der höchsten Wasserfälle von Marokko gelten. Vor meiner Weiterfahrt fotografiert mich der Kellner auf der Dachterrasse, ein wunderschöner Blick auf den See, den ich schon beim Frühstück genieße. Auf den See kann ich auch auf den ersten Kilometer meiner heutigen Etappe blicken, dann erreiche ich eine riesige Staumauer und eine Schlucht dahinter. Alles wirkt sehr imposant. Leider ist das Fotografieren laut Schild verboten, da es sich bei diesem Gelände um eine militärische Anlage handelt. Danach ein langer Anstieg, der See bleibt langsam unter mir zurück und ich komme immer wieder an Feldern mit wunderschön rot leuchtenden Kornblumen vorbei. Nachdem ich dann irgendwann oben bin, kann ich eine Abfahrt genießen, die fast bis zu meinem Ziel reicht, dazwischen liegt Azilal, der Hauptort dieser Gegend mit großer Lycee, aus der die Schüler jetzt um die Mittagszeit strömen. Irgendwann zweigt es dann rechts ab zu den Kaskaden.
Ist das schwül heute! In der Ferne ist es dunkel, möglicherweise wird es noch ein Gewitter geben.
Dann erreiche ich Ouzoud, ein kleiner Touristenort und schon werde ich wieder von einem „Touristenführer“ angesprochen, der mir einen viel schöneren Zeltplatz als den hier oben zeigen will, hier wo die vielen Caravans der Franzosen und sonstigen Europäer stehen. Ich schiebe mein Rad über einen Fußweg. Bald erblicken wir den Wasserfall an einer Böschung...wunderschön. Doch wir müssen einen steilen engen Fußweg hinab. Morgen könne ich mein Gepäck mit Eseln hinaufbringen lassen, sichert man mir zu.
Der Zeltplatz liegt direkt vor dem Wasserfall an der Talsohle, keine 50 Meter von der Kaskade entfernt. Das Rauschen übertönt hier alles. Aber ein Schlafplatz mit Blick auf die Sehenswürdigkeit, zu der ich hier extra einen Umweg gemacht habe, ist definitiv nicht schlecht. Man zeigt mir ein Berberzelt, in dem ich die Nacht verbringen kann. Nachdem ich mein Rad abgestellt habe, möchte ich noch ein Bad nehmen, doch so richtig toll ist es nicht hier zu baden, da hat man mir mehr versprochen...
Als ich wieder an meinem Zelt sitze, platzt plötzlich ein Gewitterregen los. Es gießt aus Eimern, blitzt und donnert, und die Touristen, die eben noch die Talsohle bevölkerten sind wie vom Erdboden verschluckt. Da meine Behausung als Dach nur Tücher hat, regnet es bald durch. Aber auch da wissen sich die Betreiber zu helfen: sie haben noch ein Zelt mit Plastikfoliendach nur ein kleines Stück weiter. Sie helfen mir beim Umzug, und so kann ich das Naturschauspiel Gewitter im Trockenen erleben und bekomme am Abend sogar ein gutes Abendessen vorgesetzt.


Die wunderschönen Kaskaden von Ouzoud


13. Tag:                                Donnerstag, 19.3.2009
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Als es hell wird, bin ich wieder wach. Neben mir hat noch der Hund des Platzes die Nacht genauso trocken verbracht wie ich.
Der Wasserfall ist ganz braun, da er durch den starken Regen gestern Abend weit mehr Wasser führt und der obere Bach sicherlich weit über die Ufer getreten ist. Dennoch, auch ein interessantes Bild.
Nachdem ich gefrühstückt habe, mache ich mich auf, lieber jetzt in der Morgenkühle den steilen Weg hinauf. Von den Eseln, mit denen ich heute das Gepäck transportieren lassen könne, ist natürlich auch nichts zu sehen. Was soll’s, das packe ich auch Irgendwann befinde ich mich dann wieder auf dem Plateau, auf dem es bis zu 300 Jahre alte Olivenbäume gibt. Da sehe ich plötzlich einen Pavian ganz nah vor mir, will den Fotoapparat greifen...da sieht er mich und rennt weg. Schon gestern hatten wir am anderen Ufer ein Rudel Paviane gesehen. Es ist wirklich einer der wenigen Plätze in Marokko, wo es diese Affenart noch gibt. Was ein toller Ort! Als ich an den ersten Häusern an dem Hain vorbeikomme, werde ich von einer Frau heran gewunken. Sie bittet mich in ihr Haus und bietet mir einen Tee an. Inzwischen kann ich zuschauen, wie sie auf einem Holzfeuer Brot backt. Ihr Sohn, vielleicht gerade mal 12 Jahre, spricht sehr gut Französisch. Er sagt, das Haus sei sehr traditionell, schon von seinem Ur-ur-opa erbaut worden. Sein Bruder wohne in Marrakesch, da fahren sie oft hin. Wenn er groß sei, wolle er dort Medizin studieren. Er macht einen recht intelligenten Eindruck.
Nach dieser interessanten Bekanntschaft mache ich mich auf zurück zu der Abzweigung, als ich gestern von Azilal rechts abbog. Heute fahre ich nach Demnate, das ich ja vom letzten Jahr kenne, eine typisch marokkanische Kleinstadt, die ich über einige Hügel erreiche. Es ist erst früher Nachmittag, sodass ich noch ein wenig ausruhen kann. Ich nehme wieder das Hotel, das ich letztes Jahr hatte, eigentlich eine total billige Absteige, aber mit Schlafsack, den ich auf dem Bett ausbreite, ist es auszuhalten. Duschen kann ich wieder in einer Gemeinschaftsdusche um die Ecke, wo man mir sogar ein Handtuch reicht.


Wer Marokko blühen sehen will, sollte im März kommen


14.Tag:                                Freitag, 20.03.2009

Mein Frühstück am nächsten Morgen besorge ich mir beim Bäcker direkt gegenüber dem Hotel, der hat nämlich superleckere Teilchen und esse diese in einem Cafe bei frischem Kaffee. Es ist noch so früh, dass die Kinder gerade auf dem Weg durch die Straßen zur Schule sind. Aber da ich gestern Abend so früh zu Bett gegangen bin, war ich heute Morgen früh wach.
So nutze ich die angenehm kühlen Morgenstunden, um die letzte Etappe nach Marrakesch in Angriff zu nehmen. Den Weg kenne ich ja bereits – den fuhr ich letztes Jahr auf meiner ersten Etappe genau umgekehrt. So herum ist es noch einfacher – es scheint mehr runter als rauf zu gehen, Wind ist auch keiner und so komme ich sehr schnell vorwärts. Wer weiß, vielleicht gibt’s ja heute Nachmittag ein Gewitter, und dann werde ich schon in Marrakesch sein. Außerdem habe ich dann noch ein wenig Zeit, um alles für die Bahnfahrt heute Nacht Erforderliche zu erledigen. Hoffentlich klappt das auch mit dem Rad!
Das Fahren macht wirklich riesigen Spaß heute, es ist wolkenlos und klar, links von mir sehe ich ab und an die schneebedeckten Berge des Hohen Atlas, aber es wird mir auch deutlich im direkten Vergleich mit letztem Jahr, dass es sehr viel grüner ist. Die Felder, die Wiesen sind von saftigem Grün, wo es voriges Mal gelblich verbrannt war.
Hier scheint es aber in den letzten Tagen heftig geregnet zu haben – die stark angeschwollenen Bäche verraten es. Einmal halte ich sogar meine Füße in das angenehm kalte Wasser.
Am frühen Nachmittag komme ich in die Reichweite von Marrakesch. Wie bei den Erfahrungen der letzten Jahre weicht die ländliche Idylle einer regen Betriebsamkeit und stärkerem Verkehr auf den Straßen. Die Mittagshitze strahlt von dem Asphalt zurück. Ich bin froh, als ich das Stadtzentrum erreiche.
Auf dem Platz El Fna hole ich mir erst mal eine Flasche voll frisch gepresstem Apfelsinensaft. Damit verbringe ich 2 Stunden auf einer Bank im Schatten und beobachte die Leute. Heute ist ja Freitag und manche verrichten ihr Gebet am Straßenrand.
Am späten Nachmittag wird es plötzlich dunkel und ein Gewitter droht. So mache ich mich auf zum Bahnhof. Mein Fahrrad gebe ich ab, man wird es mit einem LKW nach Tanger bringen und ich werde den Zug um 21 Uhr nehmen, der Morgen früh ebenfalls dort ist.
In der Zwischenzeit esse ich noch etwas in einem Lokal. Währenddessen gibt es ein schweres Gewitter. Es blitzt, gießt und donnert. Den um die Zeit wie immer hier herrschenden immens starker Autoverkehr scheint auch das nicht zu stören.
Die Wartehalle des Bahnhofes überrascht mich: sie ist sehr schön, sehr sauber und es ist eine sehr angenehme beruhigende Musik zu vernehmen. Da kann sich beinahe jeder deutsche Bahnhof ein Scheibe abschneiden!
Dann um 21 Uhr werden die Fahrgäste aufgefordert, in den Wagon einzusteigen. Pünktlich setzt sich der Zug in Bewegung gen Norden, die Strecke, für die ich genau 13 Tage gebraucht habe ...


15.Tag:                                Samstag, 21.3.2009

Am Morgen erblicke ich als erstes den Atlantik als es hell wird. Bald sind schon die ersten Vororte von Tanger zu sehen. Am letzten Bahnhof, dort wo für den Zug Endstation ist, steige ich aus. Leider hätte ich einen davor rausgemusst, um mein Rad wiederzubekommen. Also muss ich mit einem anderen Zug wieder zurückfahren.
Als ich dort ankomme, meint man, ich solle warten, in einer halben Stunde sei mein Rad da. Langsam beginne ich mir Sorgen zu machen. Doch da ist schon ein LKW und man winkt mich heran. Als die Pritsche aufgeht, sehe ich erleichtert min Fahrrad! Auch das ging wieder glatt!
Ich rolle durch Tanger, ätzende Stadt, Betonklötze, aber die Aussicht auf ein Cafe mit einem guten Frühstück. Auswahl gibt’s genug. Nun bin ich wieder hier oben im Norden!
Cap Spartel heißt wohl das letzte touristische Ziel auf meiner Reise, durch die gesamte Stadt fahre ich immer den Schildern nach, aber irgendwann habe ich sie verloren. So rolle ich durch steile Vororte in der langsam einsetzenden Wärme. Mist! Irgendwann treffe ich einen Mann, der mir den Weg beschreibt zumindest zum Atlantik, wenn auch nicht über den Cap Spartel.
Das erreiche ich vor Mittag direkt über den Herkulesgrotten. Diese sind nicht so spektakulär wie ich gedacht habe, aber immerhin habe ich das Meer nach 2 Wochen wieder und eine angenehm kühle Brise nach der stauenden Hitze eben in der Stadt. Direkt am Parkplatz werden in mehreren Lokalen Fischtajines angeboten, die man auf Dachterrassen mit Meerblick essen kann.


Die Herkulesgrotten sind nur schwer auszumachen

Am Nachmittag lege ich mich ein wenig an den Strand, aber ehrlich gesagt, ist das ganz schön langweilig, wo hier kaum etwas los ist und der Sand in Ohren und Nase fliegt. So mache ich mich irgendwann wieder auf um langsam gen Flughafen zu streben und meine Tour zu beenden. Dieser kommt mir so klein vor nach dem urbanen Flair von Tanger. Hier ist wirklich nicht viel Betrieb und eigentlich ist er wohl eher als nationaler Flughafen gedacht. Dafür umso angenehmer, hier mal hinzufliegen, verirren kann man sich jedenfalls nicht!

So um kurz nach Mitternacht lande ich dann im immer noch so kalten Deutschland und werde Gott sei Dank abgeholt! Da mein Rad und das gesamte Gepäck da sind, hat auch diesbezüglich alles bestens geklappt. Na dann bis zur nächsten Marokko-Tour!