Tag 1. 24.4.14 Wie bei jeder Flugreise mit Rad birgt die Gepäckaufgabe das Risiko von Überraschungen. Steif und fest behauptet die Dame am Schalter, dass mein Rad in einem Karton verpackt sein müsse. Meine schicke Verpackung aus Rohrisolierungen und meiner kombinierten Zeltunterlegmatte und Fahrrad-Schutzhülle sei nicht zulässig. Am Ende des hin und her darf ich einen gigantischen Karton für 36,-€ erstehen, in den ich das Rad komplett versenken kann. Das sorgt für Stirnrunzeln am Gepäckband, aber schließlich geht alles gut. Nach ein paar Tagen Sightseeing in Fès mit meiner Frau trennen sich frühmorgens unsere Wege. Sie startet zurück in die Heimat und ich um 6:30h mit dem CTM Bus nach Beni Mellal. In den ersten beiden Stunden der Fahrt ist es im Bus wie im Kühlschrank. Nach der Frühstückspause kommt die Sonne raus und es wird erträglicher. Die Fahrt über Ifrane, Khénifra ist landschaftlich sehr reizvoll. In Beni Mellal versorge ich mich mit ein paar Lebensmitteln, tanke Benzin für den MSR Kocher und los geht’s in Richtung Bin el Ouidane Stausee. Erwartungsgemäß geht es bald knackig von 400 auf 1400HM bergauf. Am Berg steht die Hitze und es wird eine Schweißprobe. Die Abfahrt über das verschlafene Ouaouzight geht bis zum Stausee insgesamt 600HM bergab. Danach steigt die Straße in Richtung Tilougguite wieder an. Auf 1200 Metern finde ich mit etwas Glück nach 63km und insgesamt 1640 HM einen schönen Zeltplatz mit Blick auf den Stausee. Tag 2: 25.4.14 Über Nacht hat sich reichlich Kondenswasser gesammelt. Der See ist zu spüren! Mit schönem Ausblick koche ich Tee und frühstücke. Dann geht es weiter bergauf bis auf 1800 Meter mit anschließender Abfahrt nach Tilougguite. Hier beginnt die Piste in Richtung Cathédrale und Zaouiat Ahansal. In Tilougguite frische ich die Wasservorräte auf, genehmige mir eine Cola auf den schönen sonnigen Tag und starte in die Piste. Nach 10km ist die Gite bei der Cathédrale erreicht. Hier gibt es ein ordentliches Omelett mit Salat. Auch kann man von März bis Anfang Mai geführte Rafting Touren unternehmen. In drei Tagen geht es bis zum Stausee und per Motorschlepp einmal quer über denselben. Für mich steht die Weiterfahrt durch den Nationalpark auf der Piste nach Zaouiat Ahansal auf dem Programm. Vorbei an der Cathédrale und schöner Aussicht geht es im leicht bewaldeten Gelände kräftig bergauf (und selten bergab). Die Piste ist gut fahrbar. Die letzten zehn Kilometer verläuft die Strecke im Flusstal. Hier geht es mit konstanter aber gut fahrbarer Steigung bergauf. In Zaouiat Ahansal steige ich an der Gite am Ortseingang ab. Die Unterkunft ist einfach, die Dusche (nur heute?) kalt aber für 130 Dirham in Halbpension passt das Ganze halbwegs. Einen Kilometer weiter gibt es auch noch ein schicke, aber wohl etwas teure Maison d’hôte. HM 2240, 74km. Tag 3: 26.4.14 Das heutige Ziel ist das Ait Bougmez-Tal. Die Auskunft des Herbergsvaters zum Weg klang zu verlockend um wahr zu sein. Statt „flach“ wie er meinte überwindet die jetzt wieder asphaltierte Strecke über 15 km 1000 HM und windet sich auf 2600M. Nach einer kurzen Abfahrt auf 2350M geht es auf knapp 2800M hoch. Nach 40km kommt der Abzweig auf die Piste ins Ait Bougmez-Tal. Bei der Weiterfahrt entschließe ich mich für die weiter östlich führende, etwas längere Strecke. Diese ist leichter zu fahren und bietet tolle Ausblicke ins Tal. Nach einem Abstecher nach Tabant fahre ich zur Auberge Flilou in Agouti weiter. Diese erreiche ich am frühen Nachmittag, genug Zeit die nächste Etappe ins Mgoun-Tal zu planen, Klamotten zu waschen und zu entspannen. Schließlich kann ich noch für 150 Dirham ein Maultier samt Führer für den Aufstieg auf den Pass chartern. HM 1740, 75km. Tag 4: 27.4.14 Um 7:30h soll ich mein Gepäck für das Maultier, das mein Rad auf den Tizi n’Ait Imi bereithalten. Da ist zwar das Tier zu sehen, aber mehr auch nicht. Also habe ich Zeit gemütlich zu frühstücken und noch ein paar Fotos von den Topo-Karten in der Auberge zu machen. Meine Michelin-Karte ist für Bergtouren keine wirkliche Hilfe und auch die Tracks auf der Open-Cycle Map auf dem Garmin verschaffen nur wenig Überblick. Schließlich startet um Viertel nach Acht das Maultier mit meinem Gepäck und wir verabreden eine Stunde später einen Treffpunkt im Dörfchen Ait Imi am Fuß des Passes. Nach etwas Suche taucht das Maultier samt Führer auf und wir beginnen den Anstieg. Wenig später wird der Weg steil und das Maultier bekommt zu den Packtaschen auch mein Rad aufgeladen. Was folgt ist ein Lehrstück an Kommunikation zwischen Mensch und Tier. Regelmäßig bleibt das Maultier stehen und wird mit Worten und allerlei körperlichen Hinweisen per Stock und anderen Werkzeugen zum Weitermarsch animiert. Mir beschert diese Art der Fortbewegung einen geruhsamen und entspannten, wenngleich nicht besonders zügigen Aufstieg. Nach vielleicht knapp drei Stunden ist der Aufstieg auf 3000 Meter geschafft. Wir laden das Maultier ab und lassen eine Kamelkarawane in Gegenrichtung passieren. Argwöhnisch beäugen die höckrigen Tiere unseren Trupp aus Maultier und Drahtesel. Die Abfahrt in das Mgountal ist auf den ersten 200 HM teils beschwerlich. Der Pfad ist eng, teils mit losem Geröll teils mit großen Steinen, sodass das Rad über diverse Hindernisse gehievt werden muss. Zur Belohnung schließen sich lange (bergab) recht gut fahrbare Passagen an. Vor Übermut bleibe ich allerdings mit meinen Lowridern mehrmals in den stacheligen Büschen hängen und entgehe eher knapp einem unsanften Abstieg. Bei der Ankunft am ersten Ort verliert sich der bis dahin recht eindeutige Trail im Flussbett und ich halte mich zu weit südlich. Was folgt ist eine mehrfach Furt des knietiefen Oueds, längliches Wegsuchen in den Oasengärten und vielfaches Umkehren angesichts unzähliger Sackgassen. Wie immer ist am Ende alles wieder gut und im Örtchen Ouzirimt (Open Street Map) oder Tighremt n-Ait Ahmed (Topo Karte aus Agouti) gibt es bei der Gite zu akzeptablem Preis eine Cola, aber die Aktion hat kräftig Körner gekostet. Von nun an geht der Track mehr oder weniger eindeutig zu finden durch die Gärten, am Rand des Oueds über Hügel immer weiter talab. In den Dörfern werde ich immer stärker von der Dorfjugend belagert. Ich kann die Begeisterung über etwas Abwechslung zum Anfassen gut verstehen – allerdings wird diese mit der Zeit anstrengend. In El Mrabtine (ebenfalls mit einfacher Gite) zweigt die ausgebaute Piste zum Tizi-n-Essouka ab. Jetzt geht es mit kräftiger Steigung und mörderischen steilen Kehren auf losem Untergrund von 2000m auf 3000m Höhe. Mittlerweile ist das Wetter umgeschlagen. Es stürmt und kurze Regen- und Hagelschauer sorgen für etwas mehr Erfrischung als mir lieb ist. Immerhin bleibt die Piste gut fahrbar. Stunde um Stunde vergeht und ein Ende des Passes ist nicht in Sicht. Schließlich eine erste Passhöhe, hier beginnt plötzlich eine große neu trassierte Piste, die direkt und steil ins nächste Tal führt. Nach kurzem Überlegen wähle ich die alte Piste (auch in Open Street Map) und fahre weiter bergan. Kurz vor der Dämmerung ist der Pass auf 3000m erreicht und wenig später bietet sich ein schöner Zeltplatz. Der Wind flaut ab und nach einem kräftigen Abendessen folgt eine ruhige erholsame Nacht. 2180 HM, ca. 50km. Tag 5. 28.4.14 Im Sonnenaufgang frühstücke ich und freue mich auf den Tag bei dem es mehr bergab als bergauf gehen wird! Schnell ist die Abfahrt bewältigt. Im Tal lande ich erneut auf der neuen, breiten Trasse. Diese ist noch in Arbeit, die Zufahrt von dort zur alten Trasse ist blockiert. Ein erneuter kurzer Aufstieg von 2800m auf 3000m ist schnell geschafft und es geht auf überwiegend guter Piste über Alemdoun wo der Asphalt wieder beginnt in Richtung Bou Thrahrar. Die Piste von dort nach Ait Youl ist bis auf die letzten Kilometer überwiegend gut zu befahren. Reichlich Geländewagenverkehr macht deutlich, dass ich mich der Zivilisation nähere. Unterwegs liefere ich mir ein kleines Wettrennen mit zwei Jungs, die mir zeigen welche Tricks sie auf der Strecke drauf haben. Als kleines Wellness Incentive biege ich in Ait Youl talaufwärts ab und fahre das Dadès Tal bis zur Auberge Miguirne kurz vor Tamlalt hinauf. 1200 HM, 71km. Tag 6: 29.4.14 Über Boumalne Dades, wo ich die Gelegenheit für einen größeren Einkauf nutze fahre ich auf der nicht allzu spannenden Straße nach Tinerhir und nach einem leckeren Mittagessen weiter bis an die Todgha-Schlucht. Leider hat der Wind gedreht und ich fahre gegen konstanten und kräftigen Ostwind. Vor drei Jahren hatte ich in der Gegenrichtung ebenfalls Gegenwind – man kann nicht immer Glück haben! Den späteren Nachmittag verbringe ich mit einem gemütlichen Spaziergang in der Flussoase und der Besichtigung der Schlucht in der frühen Abenddämmerung. 600 HM, 82 km. Tag 7. 30.4.14 Nach den entspannenden Etappen geht es mit durch die faszinierende Todgha-Schlucht bergauf. Die Straße ist auf der Anfahrt zur Schlucht und danach in weiten Teilen in einem desolaten Zustand. Reparaturarbeiten sind im Gange. Über 50km geht es zunächst sanft, am Schluss steil von gut 1400m auf knapp 2700m. Mit Rückenwind geht es vom Pass in Richtung Agoudal, wo ich in der Auberge Afoud absteige. Die heiße Dusche erweist sich als Beste der ganzen Tour! Vor drei Jahren gab es in dem Örtchen meiner Erinnerung nach nur zwei Gite, heute sind es schon vier! Wie bei der letzten Tour erweist sich die Gegend um Imilchil als „Kühlschrank“. Schon am Nachmittag ist es unangenehm kalt und die Nacht verbringe ich lieber im Schlafsack als zu versuchen die vielen Wolldecken der Herberge auf angenehme Schlaftemperatur zu bringen. 1470HM, 72km. Tag 8. 1.5.14 Nach einem etwas spärlichem Frühstück starte ich und decke mich für den weiteren Tag in Bou Azmouh ein. Auch hier gibt es mittlerweile eine Gite (am Ortseingang von Agoudal kommend) und der Besitzer hat nicht nur eine ordentliche Kaffeemaschine, sondern verfügt auch über einen spanisches (katalanisches?) Büchelchen mit MTB-Touren für den Atlas. Dasselbe sehe ich bei spanischen MTB-Fahrern, die mir im Lauf des Tages noch begegnen. Ca 10 km vor Imilchil biege ich östlich auf die Strecke nach Tagoudit ab. Die Michelin-Karte weist die Strecke als asphaltiert aus. Schnell zeigt sich jedoch, dass die Verbindung wohl an Bedeutung verloren hat. Schlechte Wegstrecke wechselt mit Pistenabschnitten und mehr als knackige Anstiege und Abfahrten machen die Etappe zur Achterbahn. Immerhin zeigt sich die Gegend bis Tagoudit (insbesondere ab Anemzi) deutlich belebter als erwartet. Es gibt zahlreiche Gites und auch Verpflegungsmöglichkeiten. Hinter Tagoudit ist die Straße in weiten Teilen nahezu komplett zerstört. Normale PKW haben an mehreren Stellen keine Chance und auch mit dem Rad wird die schöne Abfahrt durch das Tal kräftig ausgebremst. Kurz vor Tounfit biege ich östlich auf die Strecke (hier Spitzen-Piste) in Richtung Midelt ab. Nach einigen Kilometern wird aus der Piste wieder eine Straße, auf der ich an dem neuen Pistenabzweig in Richtung Midelt vorbeirausche. Das stelle ich zwei Kilometer später fest, als an der Sperrmauer des neuen Staussees kein weiterkommen ist. Nun geht es zurück und über die Piste weiter. Bei Ait Ouchen werde ich von Frauen und Kindern umringt, die mich auf einen Tee einladen. Aus dem Tee wird ein leckeres Omelett und am Ende eine Übernachtung im Familienkreis. Die Gastfreundschaft ist immer wieder überwältigend und wirft die Frage auf, wieso bei uns die Uhren so anders ticken. 1930 HM, 135km. Tag 9. 2.5.14 Nach einem leckeren Frühstück mit frischen Pfannkuchen und reichlich Tee starte ich auf die Schlussetappe. Entgegen der ursprünglichen Planung habe ich mich gegen die Weiterfahrt bis Azrou entschieden. Die vergangenen Etappen und heftige eine Magenverstimmung aus Fès haben an den Kräften gezehrt, immer häufiger kreisen die Gedanken um die verschiedenen Köstlichkeiten der marokkanischen Küche. Auf der Piste über den Cirque de Jaffar nach Midelt treffe ich ein deutsches Paar, nach einem kurzen Plausch stellt sich heraus, dass es Jan und Moni auf dem Weg zur Piste des Cols sind! Ausgiebig tauschen wir uns aus. Die Zufälle dieser Touren sind immer wieder erstaunlich! Weiter geht es auf der Piste durch das leicht mit Zedern bewaldete Gelände. Leider nerven die zahllosen Geländewagen-Kolonnen, die mich immer wieder in endlose Staubfahnen hüllen. Schließlich werde ich von einem Fahrer ausgebremst, damit sein beifahrender Freund in Ruhe mit seinem gigantischen Teleobjektiv ein Erinnerungsfoto schießen kann. Schließlich erreiche ich Midelt. Am Busbahnhof erfahre ich, dass 20 Minuten später gegen 14:00h der letzte Bus des Tages nach Fès startet. Ich beschließe trotz leerem Magen direkt durchzustarten und verpacke das Rad. Wie sich zeigt, eine weise Entscheidung, denn anders als bei der CTM landet das Rad diesmal auf dem Dach und nicht fein abgestützt im Kofferraum. Nach 40 km folgt die obligate Pause in Zeida, wo ich mich mit einem Imbiss und Getränken versorge. Nach einer halben Stunde geht die Fahrt über die teils extrem schlechte Straße nach Boulemane weiter. Gegen 20:00h bin ich in Fès am Busbahnhof, mache das Rad fahrfertig und kurve durch den abendlichen Großstadtverkehr zum Hotel. 65km, 870HM Der Rückflug am übernächsten Tag mit Ryanair nach Weeze verläuft unspektakulär. Zunächst will man mein Rad mit dem in Weeze teuer erstandenen Karton nicht annehmen. Die Verpackung sei zu groß! Aber wie alles in Marokko lässt sich das mit etwas Zeit einrenken. Leider habe ich mir am Vorabend erneut einen Mageninfekt eingehandelt. Damit werde ich über den Tag immer schlapper und brauche auch zuhause ein paar Tage um wieder richtig auf den Damm zu kommen. Auch diese Tour war wieder von zahlreichen tollen Erlebnissen geprägt! Der komplette Track (670km) ist hier: http://www.gpsies.com/map.do?fileId=kkgzvptzfirrbpro
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