Reisebericht 2012
Mittwoch, 21. März 2012

Das war endlich mal wieder eine Reise vom Feinsten. Ohne gesundheitliche Probleme im Vorfeld, ohne unterwegs zu schwächeln.  Auch das Wetter spielte nach vielen Jahren einmal wieder wirklich mit und so konnte ich 6 von 7 Nächten echtes Biwakfeeling geniessen, sogar ohne einmal zu frieren.

Hinzu kam der unerwartet angenehme Direktflug mit sehr günstigen Ankunftszeiten in Agadir (9:30 h) und Hamburg( 15:40), der zum Gesamtensemble passte. So muß Urlaub sein, eine Woche die zu einem völlig freien Kopf führt und einem das tolle Gefühl eines gelungenen Urlaubs gibt.

Route:

Höhenprofil:


13.3.2012


4:15 h ist Aufstehen angesagt. Fahre mit Monis Auto nach Langenhorn und laufe zum Terminal. Entspannter Flug, nervige Einreise, Condor hat die falschen Karten ausgegeben... Gepäck vollständig und unversehrt, allerdings wird alles im Zoll durchleuchtet. Die Frage ob ich Metall in den Taschen hätte, verneine ich. In den kleinen Läden gegenüber den Terminals lasse ich meine Verpackung. Das Wetter ist genial, warm und fast windstill. So rolle ich entspannt die ersten 40 km, allerdings wird es richtig heiß... Es duftet überall, die Leute grüßen - welcome back.
Die Straße gen Tidsi ist fast unbefahren und in guten Zustand. In  einem kleinen Ort ich den ersten Minztee und werde zum Essen eingeladen, lehne aber dankend ab. Es ist mir zu heiß... Jetzt steigt die Strecke ziemlich abrupt an und windet sich ohne nachzulassen auf über 1000 m. Immer wieder kaufe ich Wasser und Softdrinks, fast 5 Liter trinke ich heute. Endlich lässt die Hitze ein bisschen nach. Alles ist sehr staubig und trocken, ganz anders als nach den letzten beiden feuchten Wintern ist die Landschaft daher eher unspektakulär. Ich merke dass ich noch nach Toufelaszt schaffen kann, was auch gut ist, da ich dringend Wasser zum Duschen brauche. Im Laden mache ich den Großeinkauf, der Typ will 25 DH, viel zu viel, ich komme auf 17,5. Wir trennen uns im Frieden. Die Zeltplatzsuche wird zur Hatz gegen die Zeit. Beine dick, Straße steigt, viel  Besiedlung - war klar.... Endlich ein Notplatz. Man kann nicht alles haben, der Tag war halt schon perfekt...

97 km, 6:07 h, 1484 HM, Ü 1420, 7-28°

14.3.12
Bis Mitternacht fahren fast im Minutentakt Fahrzeuge vorbei... Der Zeltplatz liegt an einem Pistenabzweig ins Nirwana, aber offenbar ist dahinten eine Disco...mit Ohrstöpseln geht’s, selbst die permanent bellenden Hunde werden so leiser. Um kurz vor 7.00h bin ich los, es ist genau so warm wie beim Einschlafen, der Wind kommt leicht von vorne. Es geht stetig bergan und wird immer karger. Nach etwa 25 km treffe ich auf die Hauptstraße und mache eine lange Planungspause. Am Ende reizt mich die angeblich neue Teerstraße nach Issafen am meisten. Also Richtung Ait Abdallah. In Tiouli geht es dann tatsächlich links auf frischem Teer weiter. Teils unangenehm steil zieht die Strecke auf der Trasse der alten Piste nach Tazalarhite, über den Tizi-Bou Zouguert bis auf fast 1900 m. Kurz nach dem Ort schwenkt die neue Route ohne Beschilderung nach Osten ab um in weitem Bogen auf die im Kohlbachführer beschriebene Piste zu stoßen, nachdem diese das Oued verlassen hat um sie zu ersetzen. Über karge Höhen und Hochebenen zieht die Strecke endlos dahin, wenn der Wind nicht stimmt, sicher brutal... Das tief eingeschnittene Oued zur Linken das durch stark zerklüftete Berge mäandert. Endlich verliert die Strecke an Höhe, die Landschaft wird enger, interessanter. Nach gut 40 km ist Issafen auf etwa 1200 m erreicht. Ich habe exakt ein Auto gesehen und keinen Ort seit Tazalarhite...
Hier genehmige ich mir eine Tajine mit Huhn und reichlich Cola. Es ist wieder sehr warm heute, ich messe hier am frühen Nachmittag 26°C. Mit Kuchen zahle ich 40 DH. Als ich aufsteigen will ist das Hinterrad platt! Na toll... Eine Ursache lässt sich nicht finden, das Loch ist aber felgenseitig, das Band unversehrt. Komisch, flicken und los. 5 km hinter Issafen wieder platt, selbe Stelle. Vorsichtshalber klebe ich ein bisschen Klebeband hinzu, vielleicht rutscht doch das Felgenband? Ein ungutes Gefühl beschleicht mich, stehen doch in den nächsten Tagen zwei längere Pistenabschnitte an. Ich passieren den Abzweig zur Piste interdite, die auch eine Option wäre, muss aber erstmal mein Hinterrad beobachten...
Nun läuft mir die Zeit weg, die verlorene gute halbe Stunde fehlt. Überall wo man zelten könnte, drücken sich junge Frauen herum und sitzen in Gruppen zusammen, genießen die Wärme und palavern. Am Ende muss wieder ein Notplatz herhalten - in einer engen Schlucht am Rande des Flußbetts. Nicht völlig sichtgeschützt, aber es ist schon fast dunkel.

108 km, 7:35 h, 1817 HM, Ü 1580, 7-26°

 

15.3.2012
Des Reiseradlers erster Griff am Morgen ist enttäuschend, wieder Luftverlust... Ich entscheide mich zunächst zu Pumpen... Die Nacht war für den Platz sehr gut, ich wache erst auf, als es schon hell ist.
Dennoch komme ich gegen 7.00 h los. Es ist relativ kühl, der Wind hat gedreht und kommt von vorne. Nach wenigen km zeigt das GPS eine Piste, die Igherm südlich umgeht, auf der Michelinkarte liegt eine Kupfermine dort. Ich fackele nicht lange und merke bald, dass hier schon länger niemand gefahren ist. An allen Ouedquerungen ist schieben und tragen angesagt. Einmal stürze ich heftig, zum Glück trage ich die dicken Handschuhe noch.. Die Mine ist verlassen, eine Geisterstadt. nach 7 nervigen km erreiche ich die Asphaltstraße. Überraschenderweise steigt diese heftig an, zieht durch öde Hochebenen um dann spektakulär etwa 400 Höhenmeter zu verlieren. Schroffe schwarze Berge geben der Szenerie etwas Besonderes. Später läuft die Strecke entlang des Oueds mal offen, mal durch Palmenhaine. Ich muß leider wieder flicken. 27 km hat es gehalten... In Tagmoute gibt es ein zweites Frühstück. Leider versäume ich hier genügend Wasser aufzufüllen. Dieses und das mangelnde Vertrauen in mein Hinterrad lassen mich 11 km später den Pistenabzweig nach Akka Irhen ignorieren. Es ist mir alleine zu gefährlich. Ein paar km später kommt mir ein Toyota aus München entgegen. Wir halten spontan an und klönen eine Stunde auf der Straße. Das Ehepaar Schubert hat mehr Zeit als ich, aber Reifenprobleme, daher ist es auf Teer unterwegs. Nach Tata quäle ich mich 15 km gegen nun heftigsten Südwind, dazu knapp 30° - da muss ich mich erstmal belohnen. Klebrig süße Teilchen aus der Patisserie...
Ich verharren eine Stunde auf dem Platz, es ist drückend heiß. Endlich löse ich mich und verlasse die angenehme Stadt. Noch gut 10 km und ein nettes Plätzchen abseits der Straße ist gefunden. Es ist so warm, dass ich nur das Innenzelt aufbaue.

104 km, 6:29 h, 611 HM, Ü 690 5-30°



16.3.12
Schon wieder ein wabbeliger Reifen. Bin schon beim ersten Licht unterwegs. Die Straße ist völlig leer, der Sonnenaufgang in der Wüstenszenerie herrlich. Um kurz vor 8.00h erreiche ich Imitek und frühstücke. Es gibt kein Brot, aber der Ladenbesitzer kommt mit pain de la Maison, einem Riesenteil, für das er nichts annehmen möchte. Marokko!
Ich brettere weiter zum Pistenabzweig, km 41. Heute will ich endlich das Geheimnis der Mine lüften... Die Piste nach Bou Zarif ist breit und gut trassiert. Dennoch kommen einige Höhenmeter zusammen, denn gerade in der ersten Hälfte geht es oft auf und ab. Den Ort Angarf nach 25 km verpasse ich, da die neue Streckenführung den Ort links liegen lässt. Den Abzweig zum Weiler Bou Zarif kann ich Dank GPS Karte auch nachvollziehen, die breite neue Trasse aber zieht geradeaus....ich möchte aber ein bisschen Wasser nachlegen, es ist ziemlich warm wieder heute. 500m vor den Häusern habe ich keine Luft mehr hinten. Immerhin, fast 70 km hat es gehalten. Wieder ein Loch an derselben Stelle... Der betagte zahnlose Bewohner lässt den Eimer in den Brunnen hinab und füllt kühles Naß in meine Flasche. Auch kann ich klären, dass der eben passierte weitere Abzweig wohl der beste gen Mine ist. Hier tauchen alsbald mehrere Häuser auf, wohl das wahre Bou Zarif. Aber erstmal wieder Plattfuß. So sehr ich suche, ich kann nichts finden. Noch mindestens 15 km Piste, kein Fahrzeug bisher, ohne ein gewisses Gottvertrauen kann man nicht weiter fahren. Ich gebe ordentlich Gas um die Zeit im Nirwana zu reduzieren, es ist recht eben, immer um die 1000 m. Bald schon erkenne ich auf dem Plateau die Minenanlage. Die Piste geht in Asphalt über und schraubt sich an der Flanke des Djebel noch, erst schnurgerade dann folgen einige Serpentinen. Ich pumpe derweil alle 500 m nach und muß dann flicken, das Thermometer zeigt beim Fahren in der Sonne 40°! Schon einen km weiter wieder platt. Ich nehme einen neuen Schlauch und sehe, dass auch der Draht der Decke sich verabschiedet. Für den Rest des Tages war es das zum Glück. Insgesamt habe ich heute sicher 2 Stunden verplempert.,. Nach einer rauschenden Abfahrt fahre ich ein Stück zurück nach Afella und kaufe ein. Zudem gratuliere ich meiner Lina, die heute 5 geworden ist, telefonisch. Erstmals auf dieser Tour kann ich das Biwak zelebrieren, es ist erst 17.00 h und das Tagesziel erreicht. Auf einer Anhöhe lasse ich den tollen Tag ausklingen. Es ist bewölkt und relativ windig.

103 km, 6:50 h, 1265 HM, Ü 1140 9-25°



17.03.12
Ich habe schlecht geschlafen, der Wind knatterte die ganze Nacht am Zelt...
Der Reifen hat die Luft gehalten - al hamdulilah. Erleichtert breche ich auf, bin ziemlich fertig wie ich merke. Nach 500 m Holperpiste löst sich Reifen samt Schlauch von der Felge, zum Glück bremse ich spontan und verhindere die Explosion. Schöner Mist. Die Reifenflanke ist ausgeleiert, hält nicht mehr am Felgenrand. Hatte ich vor etwa 10 Jahren schon mal bei einem Marathon XR. Also den Notmantel in der Faltversion 1,75" drauf - reicht der für die heutigen Anforderungen?
Ich holpere über die groben Steine, immer wieder ängstliche Blicke nach hinten werfend. Offenbar soll der Einstieg in die Timguelchte Schlucht geteert werden, die Spur ist frisch trassiert, Baumaschinen aller Orten. Verkehr gibt es mal wieder keinen, lediglich ein alter Mann auf einem Rad rumpelt mir entgegen.
Immer wieder werden schöne, enge, palmenbestandene Abschnitte passiert. In Tizerkine dann tatsächlich alter, fast wieder abgetragener Asphalt - aber immerhin erleichtert es das Fortkommen ungemein. Gerade, da die Straße nun auch deutlich zu steigen beginnt, noch 400 HM sollen erklommen werden. Über Taghaoute thront ein mächtiger Agadir, ob die vier Touri-Landcruiser, die mir jetzt begegnen dort hinwollen? Zäh zieht sich der löchrige Asphalt aufs Hochplateau. Aber danach folgt eine der schönen Abfahrten des Antiatlas, 700 Höhenmeter mit einer kleinen Gegensteigung hinab nach Tafraoute.
Als ich die Hauptstraße erreiche, sehe ich doch tatsächlich den Münchener Toyota wieder und erneut klönen wir ausgiebig.
In Tafraoute angekommen steuere ich direkt das Hotel Tanger (Zimmer 40 DH) an und bestelle eine Tajine. Nach dem Duschen treffe ich Mohammed und Said von der Maison Touareg, gehe zum Rasieren, checke Mails und genieße die Stadt.
Am Abend gibt es noch eine Harira, ein Couscous poulet und zum Nachtisch etwas aus der Patisserie.

50 km, 3:33 h, 633 HM, Ü 1000 14-27°

18.03.12
Nächte in Travellerhotels an beliebten Orten sind in der Regel laut. Wie sehne ich mich nach meinem Zelt und die Ruhe der Natur...
Dafür kann ich aber einen harmonischen Radfahrtag geniessen. Zunächst genehmige ich mir das sensationelle Frühstück im Hotel. Für 20 DH gibt es ein Schokocroissant, frischem Orangensaft, Minztee, Brot, Butter, Honig und Marmelade. Ich verabschiede mich von Khalid dem freundlichen Besitzer. Dem Anstieg auf den Tizi-n-Mili folgen ja noch zwei weitere Zacken So dass man fast 1000 HM intus hat, bevor es dann so richtig schön rollt. Zudem ist der Wind mit mir. Ich nach dem ruhigen gestrigen Tag gut drauf und mache einige längere Pausen, da ich heute Ait Baha nicht erreichen möchte. In Madao nach 45 km gibt es ein leckeres Omelette. Bei Ida Ou Gnidif wechsele ich auf die Nebenstrecke, die ich schöner finde, die aber knapp 500 HM mehr bis Ait Baha produziert... Nach gut 70km raste ich an einer Quelle mit Wasserhahn. Da es sich bedeckt hat, ist die Hitze gut zu ertragen. Hier begehe ich den folgenschweren Fehler, eine reife köstliche Kaktusfrucht zu essen. Noch Stunden später pule ich die Stacheln aus Zunge und Gaumen!
Mehr oder weniger zufällig finde ich gut 10 km vor Ait Baha den ersten und vielleicht einzigen offenen Laden der Strecke. Dadurch kann ich mir noch ein leckeres Abendbrot mit frischem Brot und einer Dose Thunfisch gönnen. Nach wenigen Minuten steuere ich den Übernachtungsplatz an, den ich vor zwei  Jahren wegen des schlechten Wetters auslassen musste. Es ist erst 15.15h und ich döse noch entspannt zwei Stunden im Schatten einer großen Arganie bevor ich das Zelt aufbaue. Natürlich kommen noch drei kichernde Berberdamen vorbei, aber da bin ich schon fertig mit Duschen...
86km, 5:51 h, 1589 HM, Ü 920 14-26°


19.03.12
Den letzten Reisetag starte ich entspannt.
Ausschlafen, in Ruhe zusammenpacken, nach 10 km tendenziell bergab ein leckeres Frühstück mit frischem Orangensaft in Ait Baha. Nachdem ich das Internetcafe besucht habe, drehe ich noch eine kleine Abschiedsrunde und fahre den Umweg über Telaat nach Imi-m-Gorn. Hier ist man mit dem Abbau eines Festes beschäftigt. Es ist richtig warm heute, der Wind wie eine Wand, später messe ich 33° im Schatten. In Biougra raste ich lange im Stadtpark im spärlichen Schatten und später in einem Cafe mit Minztee. Am frühen Nachmittag mache ich mich auf den Weg. Landschaftlich ist ja mit Verlassen des Antiatlas tote Hose, der Verkehr stinkend, laut und erdrückend im Vergleich zu den letzten Tagen. In dem kleinen Laden wo meine Fahrradverpackung lagert kaufe ich einiges ein und radebreche mit dem freundlichen Besitzer, der dann jedem der vorbeikommt erzählt, dass ich in einer Woche bis Tata gekommen bin...
Irgendwann quäle ich mich hinaus in die Hitze und suche einen geeigneten Schlafplatz. Knapp zwei km vom Terminal auf einem vertrockneten Acker entdecke ich eine gute Stelle. Auf dem umgebenden Feldern ist noch Hochbetrieb und so döse ich erstmal auf der Plane. Dabei entdecke ich fürchterliche, akazienähnliche Dornen, die mir, wie ich beim Abendbrot feststelle, bereits zwei Löcher ins den hinteren Reifen gemacht haben. Auch bohren sie sich mühelos durch die Teva-Sandalen... Die Therm-a-Rest bleibt heute eingerollt, ich bevorzuge die Fahrraddecke :-)

87km, 4:40 h, 433 HM, Ü 77 11-33°


20.03.12
Seltsame Tiergeräusche ums Zelt herum gibt es hier... Zum Glück sind morgens die Reifen prall, aber zum ersten Mal das Zelt feucht. Gegen 7.00h treffe ich bei "meinem" Laden ein und werde zu Tee und einem Käsebrot eingeladen.
Der Check-in verläuft unspektakulär, nur mit dem Rad tut man sich mal wieder schwer, nur mit Mühe passt es auf das Transportband. An der Handgepäckkontrolle werden meine Zeltstangen argwöhnisch betastet, ebenso die Pumpe. Ich kaufe noch eine schöne Schüssel und zwei Lampen. Auf dem Flug  sitze ich neben einem pensionierten Lehrer, es ergeben sich anregende Gespräche. Ein medizinischer Notfall wird versorgt, aber der Flieger ist ein halbes Krankenhaus...